Rom zürnt Kurz, weil er Grenzen zu Italien geschlossen halten will
Das Aufgehen der Grenzbalken zu Deutschland war auch Thema beim digitalen CSU-Parteitag mit Kanzler Kurz als Gast
Grenzöffnungen. Mit Deutschland, Ungarn, Tschechien und der Slowakei sieht es gut aus: Spätestens Mitte Juni werden alle österreichischen Grenzbalken wieder oben sein. Nur bei Italien bleiben sie unten. Dort sorgte ein Tweet von Bundeskanzler Sebastian Kurz für Ärger: „Wir werden keinesfalls unsere Grenzen für Länder öffnen, die die Situation noch nicht unter Kontrolle haben“, schrieb Kurz. Ein solcher Schritt wäre „unverantwortlich angesichts der epidemiologischen Daten in Italien“, führte er weiters gegenüber der Tiroler Tageszeitung aus.
In Rom kam dies jedenfalls nicht gut an. Dort schoss Italiens Europaminister mit einem Tweet zurück: „Die äußeren Grenzen zu schließen – als eine Lösung für den Tourismus in Österreich – das sieht mir nicht nach einem sensationellen Trick aus“, schrieb Enzo Amendola.
Mit dieser Entscheidung beschädige Österreich Südtirols Tourismussektor, empörte sich auch 5-Sterne-Abgeordneter Diego Nicolini: „Kurz’ Ziel ist es offensichtlich, Tausende deutsche Urlauber, die eigentlich nach Südtirol wollten, in Österreich zu halten.“Vertreter nahezu aller Parteien in Italien regierten ähnlich: Das Land arbeite hart an seiner Wiedergenesung.
Italien arbeitet mit der EU-Kommission an der koordinierten Öffnung der Grenzen in ganz Europa zusammen. In Brüssel heißt es aber auch: Staaten mit ähnlicher epidemiologischer Lage sollten ihre Grenzen öffnen, bei größeren Unterschieden soll noch gewartet werden.
Tatsächlich ist die Lage in Italien schwieriger: Insgesamt sind dort rund 228.000 Menschen an Corona erkrankt, 32.486 gestorben. Am Donnerstag wurden 642 neue Krankheitsfälle und 156 an Covid-19 Verstorbene gemeldet. Eine ähnlich gute Lage aber wie in Österreich gibt es in Slowenien – und doch verhandelt Wien nicht über eine Grenzöffnung. Auch von Slowenien kommen deshalb erste Vorwürfe: Wien wolle die
Grenzen nicht aufmachen, um Touristen von der Fahrt nach Kroatien abzuhalten.
Verstimmung spürbar
Wen man gerne im eigenen Land sehen will: Deutsche Urlauber. Doch die frühen Lockrufe aus Österreich kamen in Berlin nicht gut an. Ebenso wenig, dass Kurz die Pläne zur Grenzöffnung vor Innenminister Horst Seehofer (CSU) verkündete, der bis 15. Juni warten will. In der CSU war dazu leichte Verstimmung spürbar, hört man.
Bei ihrem Digital-Parteitag war Kurz dennoch als Gast zugeschaltet. Auch weil er dort an der Basis Fans hat. Zudem ist die CSU bekannt dafür, mit ihren Gästen Signale
zu senden. In der Debatte um Flüchtlinge war Kurz ob seines Kurses oft willkommen, auch mit Blick nach Berlin, berichtet ein Insider. Diesmal brachte er ebenfalls eine Botschaft mit („Keine Schuldenunion“), die sich Richtung Kanzleramt und den Wiederaufbaufonds für Europa richtete. CSU-Chef Markus Söder musste also nicht den Polterer geben, er hatte zuvor Zustimmung für den Plan von Merkel und Macron signalisiert, auch wenn es nicht die „reine Lehre“sei.
Abgesehen davon lieferte Kurz neben höflichen Grußworten, guten Zusammenarbeitsbekundungen den Hinweis, dass er sich freue, wenn man nach der Grenzöffnung den Deutschen „Urlaub im schönen Österreich“ermöglichen kann. Darauf folgte ein kleines Match mit Söder, der erinnerte: „Österreicher können auch Urlaub in Bayern machen.“Dazu forderte ihn Söder auf, mit Tirol zu reden – die Blockabfertigungen sollen enden, „sicherst du mir das?“
Großes/kleines Eck offen
Worauf sich Österreich und Deutschland bereits einigten: Die Durchfahrt über das „Große Deutsche Eck“und das „Kleine Deutsche Eck“, der direkte Weg von Salzburg nach Tirol oder zurück, sind wieder möglich – aber nur für Familienbesuche und innerösterreichischen Tourismus.