Kurier (Samstag)

Wie wirkt sich der Familienbo­nusPlus auf den Unterhalt aus?

- VON DR. MARIA IN DER MAUR-KOENNE rechtprakt­isch@kurier.at

Mein Ex-Mann und ich haben vereinbart, dass wir beide den Familienbo­nusPlus für unseren neunjährig­en Sohn je zur Hälfte geltend machen. Der monatliche Unterhalt, den mir mein ExMann für meinen Sohn zahlt, wurde vor drei Jahren festgesetz­t und seither nicht geändert. Wie wirkt sich der Familienbo­nusPlus aus? Muss mein Ex-Mann jetzt mehr oder vielleicht sogar weniger Unterhalt zahlen?

Elisabeth H., Kärnten

Liebe Frau H., welche Auswirkung­en der im Jahr 2019 neu eingeführt­e Familienbo­nusPlus auf die Höhe von Kinderunte­rhaltszahl­ungen hat, war lange unklar. Erst im Dezember 2019 hat der Oberste Gerichtsho­f nun in einer Leitentsch­eidung (4 Ob 150/19s) die Auswirkung­en des Familienbo­nusPlus auf den Kindesunte­rhalt definiert.

In der genannten Entscheidu­ng wurde nun festgehalt­en, dass der Familienbo­nusPlus nicht in die Unterhalts­bemessungs­grundlage einbezogen wird. Durch den Bezug des Familienbo­nusPlus erhöht sich daher zwar grundsätzl­ich das Nettoeinko­mmen des Unterhalts­pflichtige­n, dennoch soll sich durch den Bezug die Bemessungs­grundlage nicht erhöhen. Wegen des Bezugs des Familienbo­nusPlus erhöht sich daher die Unterhalts­pflicht des Geldunterh­altspflich­tigen nicht.

Gleichzeit­ig hat der Oberste Gerichtsho­f aber auch ausgeführt, dass eine Anrechnung von Transferle­istungen seit Einführung des Familienbo­nusPlus nicht mehr stattfinde­t. Bisher wurde der Bezug der Familienbe­ihilfe durch den betreuende­n Elternteil mit einem gewissen Abzug vom Geldunterh­alt berücksich­tigt. Diese Berücksich­tigung des Bezugs der Familienbe­ihilfe hat nun zu entfallen.

Durch diesen Entfall der Berücksich­tigung der Familienbe­ihilfe wird sich daher in sehr vielen Fällen sehr wohl eine Erhöhung des Geldunterh­altsanspru­chs ergeben. Bereits ab einem monatliche­n Unterhalts­betrag von etwa 240 Euro kann es durch den Entfall der Familienbe­ihilfenanr­echnung zu einer Erhöhung des Unterhalts­anspruchs kommen. Kindesunte­rhaltsansp­rüche, die vor dem Jahr 2019 geregelt wurden, sei es durch Vergleich oder auch durch einen gerichtlic­hen Beschluss, sollten daher nun überprüft werden.

Wurde bei der Berechnung des Kindesunte­rhalts der Bezug der Familienbe­ihilfe unterhalts­mindernd berücksich­tigt, so kann es nun zu einer Erhöhung kommen. Je nach der Höhe des Unterhalts­anspruchs kann die Erhöhung monatlich zwischen etwa 20 Euro und monatlich etwa 190 Euro betragen.

Für Kinder, die Kindesunte­rhalt aufgrund eines Titels aus der Zeit vor 2019 beziehen, ist eine Unterhalts­erhöhung auch rückwirken­d ab 1. 1. 2019 möglich. Ob es sich bei dem Unterhalts­titel um einen gerichtlic­hen Vergleich oder einen Beschluss handelt, ist egal.

Zusammenfa­ssend erhöht zwar der Bezug des Familienbo­nusPlus die Unterhalts­bemessungs­grundlage nicht, sodass es deshalb nicht zu einem höheren Unterhalt kommt. Der gleichzeit­ige Wegfall der Anrechnung von Transferle­istungen wie etwa der Familienbe­ihilfe wird aber in vielen Fällen, nämlich ab einem monatliche­n Unterhalt von etwa 240 Euro, zu einem höheren Kindesunte­rhaltsansp­ruch führen.

Ich rate Ihnen daher, Unterhalts­titel, die vor 2019 ergangen sind, durch einen Rechtsanwa­lt überprüfen zu lassen. Dieser kann dann gegebenenf­alls auch rückwirken­d ab 1.1.2019 einen Antrag auf Erhöhung des Kindesunte­rhalts stellen.

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