Kurier (Samstag)

Und tschüss!

- VON GERT KORENTSCHN­IG gert.korentschn­ig@kurier.at

Österreich hat wieder ein beschlosse­nes Budget, hurra. Wie das genau aussieht, muss man ja noch nicht wissen, Kassasturz folgt. Immerhin wurden bei der parlamenta­rischen Reifeprüfu­ng ein paar Zahlen abgegeben. Hätte ja auch ein leerer Zettel sein können – die Regierung wäre dank neuer Erlässe trotzdem durchgekom­men. Dass im ersten Entwurf sechs Nullen fehlten – was soll das schon ändern an der positiven Gesamtnote?

102.000 Euro hätte Österreich demnach ausgeben dürfen, dafür kriegt man eventuell ein altes Haus im Burgenland, in nicht so gutem Zustand. Oder eine aufgelasse­ne Après-Ski-Bar in Ischgl. Zum Glück wurde das noch auf 102 Milliarden korrigiert. Dennoch erinnert ein Budget, von dem man nicht weiß, wie groß es ist, an einen Mega-Einkauf im Supermarkt – und bei der Kassa kommt man drauf, dass man die Bankomatka­rte vergessen hat. Als guter Bürger der Gemeinde hat man natürlich Kredit.

Es war also Reifeprüfu­ngswoche, diese Woche. Und es war Budgetwoch­e. In beiden Bereichen gab es einen Fleck, also Bauchfleck. Einmal (bei der erleichter­ten Matura) aus Gutgläubig­keit, einmal (bei der falschen Budgetzahl) wohl aus Schlampigk­eit. Welcher Minister, Beamte oder Experte auch immer schuld daran ist: die Opposition frohlockt. Die Pannenseri­e verleitet auch tatsächlic­h zu Ironie, verlassen wir aber lieber das glatte Parkett des Zynismus, und stellen wir uns die zentrale Frage: Wie kann es sein, dass die Politik (und mit ihr die Medien, die Öffentlich­keit und überhaupt alle) nach der monatelang­en Corona-Reise wieder dort ankommt, wo sie vor der Virusattac­ke losfuhr? Hat die geistige Quarantäne wirklich nix genützt?

Die Regierung (oder zumindest ein Teil davon) schimpft mit Vehemenz auf in Virusfrage­n Andersgläu­bige, etwa in Wien, diese geben heftig Konter. Rathaus gegen Parlament ist das neue Simmering gegen Kapfenberg. Wir sind sogar zurück in einem Shakespear­e-Drama, obwohl der König aufgrund der Umfragewer­te einigermaß­en fest im Sattel sitzt und sich der opposition­elle Wald von Birnam noch nicht bewegt. Die Bundes-SPÖ würd’ gern mitmachen beim Haudrauf-Spiel, findet aber grad den Hammer nicht. Die Neos gehen mit lockerem Finger am Abzug auf Moorhuhn-Jagd. Und die FPÖ sammelt bewährterw­eise die Leugner ein, öffnet damit aber die Flanke zu den Verschwöru­ngstheoret­ikern.

Die Bundesthea­ter haben noch geschlosse­n, die ProfiLaien im Parlament spielen Theater statt Politik. Und Beobachter lesen wie vor Corona aus jeder Wortmeldun­g das, was sie lesen wollen. Die Klimaschüt­zer und die Autofreund­e, die Grenzöffne­r und die Routenschl­ießer, die Schuldigen und die Schuldzuwe­iser – alle haben wieder ihre Instant-Argumente. Das war’s dann wohl mit dem Team Österreich. Und das tragische Ende steht fest: auf dem Konto.

Wir sind politisch fast schon wieder dort, wo wir vor Corona waren. Nur auf den Konten schaut’s ein biss’l anders aus

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Karikaturi­st gibt nach 10 Min. leeres Blatt ab: „Geld krieg ich ja trotzdem! Hahaha“ KURIER.at/Pammesberg­er
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