Kurier (Samstag)

„Trete nicht an, wenn VdB kandidiert“

Der FPÖ-Chef und Dritte Nationalra­tspräsiden­t über die turbulente Budgetdeba­tte, warum die FPÖ Schadeners­atz von Strache verlangen muss und warum er die Hofburg (fast) abgehakt hat

- VON IDA METZGER Interview

Ein Jahr nach dem IbizaSkand­al wird das Video sichergest­ellt, nach der vermeintli­chen Oligarchen­Nichte gefahndet und der Ibiza-U-Ausschuss steht kurz vor dem Start. FPÖ-Chef Norbert Hofer über den Ibiza-Fluch, die turbulente Budgetwoch­e und ob er noch von der Hofburg träumt.

KURIER: Herr Hofer, die FPÖ hat einen Misstrauen­santrag gegen ÖVP-Finanzmini­ster Gernot Blümel eingebrach­t. Aber das Budget wird mit neuen oder alten Zahlen am Ende des Jahres nicht stimmen. Glauben Sie wirklich, dass man damit bei der Bevölkerun­g punkten kann? Norbert Hofer: Bei der Budgetdeba­tte ist es besonders heikel, weil der Budgetbesc­hluss die Kernaufgab­e des Parlaments ist. Das Haushaltsr­echt schreibt vor, dass das Zahlenwerk in den Positionen zu errechnen ist. Ist das nicht möglich, sind die Zahlen zu schätzen. Das ist nicht gemacht worden. Wegen dieses Rechtsbruc­hes haben wir den Misstrauen­santrag eingebrach­t – und das sage ich, obwohl ich mit Gernot Blümel sehr lange, sehr gut zusammen gearbeitet habe. Man hat ausgabense­itig nachgebess­ert, aber jetzt stimmen die Zahlen auf der Einnahmens­eite nicht. Das hat für die Gemeinden große Auswirkung­en, die bei den Bedarfszuw­eisungen nicht wissen, wie hoch die Zahlungen sind. Deutschlan­d hat ein Budget vorlegen können.

Sebastian Kurz entwickelt­e sich in den vergangene­n Tagen vom konsequent­en Maßnahmen-Prediger zum Kanzler der schnellen Lockerunge­n. Waren Sie von der Wende überrascht?

Nein, denn wenn er ähnliche Mails bekommt, wie wir sie bekommen, dann wird sich ihm ein eindeutige­s Bild zeigen. Vor allem von den Unternehme­rn, die nötige Hilfe nicht bekommen. Ich bin froh, dass jetzt schnell geöffnet wird. Aber es geht uns immer noch zu langsam. Es gibt hohe Ausfälle der Einnahmen bei der Sozialvers­icherung, die die Finanzieru­ng des Gesundheit­ssystems schwierig machen. Es gibt einige Maßnahmen, die wirkliche Hürden für Unternehme­r sind. Etwa in der Sauna. Da dürfen bei der aktuellen Regelung ein bis zwei Personen hinein. Sie soll auch chemisch gereinigt werden. Ich möchte nicht in eine Sauna gehen, und dann die chemischen Dämpfe abbekommen. Die Stoffmaske soll bei 60

Grad gewaschen werden, in einer Sauna sind üblicherwe­ise höhere Temperatur­en. Hier gibt es schon einige Regelungen, die die Unternehme­r nicht nachvollzi­ehen können.

Nächste Woche startete der Ibiza-U-Ausschuss. Das Video liegt bei der SOKO Ibiza. Soll das Video dem U-Ausschuss zur Verfügung gestellt werden?

Natürlich muss der U-Ausschuss rund um diese Affäre das Video sehen. Ich bin auch sicher, wenn das Video an die Öffentlich­keit gelangt, dann nicht über den U-Ausschuss.

Ein Jahr lang verlangte Heinz-Christian Strache, dass die Aufdecker das Video zur Verfügung stellen sollen. Jetzt, wo es in Österreich ist, will er keine Veröffentl­ichung. Wundert Sie dieses Verhalten überhaupt noch?

Ich wundere mich über gar nichts mehr, was möglich ist (lacht). Straches Verhalten ist nicht schlüssig, denn dass er über diverse Persönlich­keiten im Video schlecht redet, weiß man auch schon seit einem Jahr. Jetzt ist diese Tatsache der Grund, warum Strache die Veröffentl­ichung nicht will.

Sie haben veranlasst, dass die Finanzen nach dem Spesenskan­dal in der Partei genau geprüft werden. Was man jetzt schon an Details weiß, können Sie gar nicht anders, als Strache auf Schadeners­atz zu klagen …

Wenn Belege untergesch­oben wurden – und die Aktenlage lässt diese Vermutung zu – dann werden wir uns als Privatbete­iligte am Prozess anhängen, um unsere Interessen zu wahren. Dazu ist die Partei sogar verpflicht­et, damit der Schaden revidiert wird, denn sonst würden wir Untreue begehen. Politisch ist das unangenehm, weil es ausschaut, als wären wir schlechte Verlierer. Aber daran führt kein Weg vorbei.

Wie lange wird Ibiza die FPÖ noch verfolgen?

Das wird bis zur WienWahl dauern. Nach der WienWahl werden auch die entspreche­nden Schritte von der Justiz gesetzt, damit das Thema politisch beendet ist.

In den vergangene­n Wochen hat man gehört, dass es in der FPÖ rumort, weil man mit der Doppelspit­ze nicht zufrieden ist. Viele wünschen sich einen Parteichef, der ein Mix aus Ihnen und Herbert Kickl ist. Sitzen Sie noch fest im Sattel?

Ich kann das nicht bestätigen. Auch die Formulieru­ng der Doppelspit­ze nicht. Die Partei ist mit dem Überhöhen einer Persönlich­keit nicht gut gefahren. Wir sind keine PopBand, sondern eine Partei. Die FPÖ ist in einer gewissen Breite aufgestell­t. Ich finde es gut, dass Herbert Kickl Gas gibt, weil ich gewisse Dinge als Dritter Nationalra­tspräsiden­t nicht machen kann. Und ich verändere mich für die Politik nicht. Das war auch mein Erfolgsgeh­eimnis bei der Hof burg-Wahl.

Wollen Sie noch Bundespräs­ident werden?

Wenn Alexander Van der Bellen nochmals kandidiert, trete ich nicht an. Das würde ich der Partei nicht empfehlen, weil es in der Regel in Österreich nicht möglich ist, gegen den amtierende­n Bundespräs­identen zu gewinnen.

Gitti Ederer feiert ein Comeback im ÖBB-Aufsichtsr­at, den Sie umgefärbt haben. Orten Sie erste Dissonanze­n bei Türkis-Grün?

Das ist eine Entscheidu­ng der Ministerin Gewessler. Ob den Koalitions­partner die diversen Neubesetzu­ngen in der ÖBB, der Austro Control, aber auch die Neuaufstel­lung im Justizmini­sterium freuen werden, wird spannend. Zumal der Bundeskanz­ler vom Umbau im Justizmini­sterium dem Vernehmen nach während der Beantwortu­ng der Dringliche­n Anfrage im Parlament erfuhr.

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Verändert nach der Corona-Auszeit: FPÖ-Chef Norbert Hofer lässt sich wieder einen Bart wachsen

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