Alleine. Tanzen. Weiter.
Vor zehn Jahren veröffentlichte Robyn „Dancing On My Own“. Warum der Song relevanter ist denn je
Alleine wie es anfängt, so brutal schön. Von Beginn an setzt ein extrem einfacher und effektiver SynthesizerSound ein: Vier Takte, drei Töne, keine Pause. Und so einfach, traurig, brutal und schön geht es weiter, 4 Minuten und 48 Sekunden lang. In denen eine Geschichte erzählt wird, die simpler kaum sein könnte: Jemand steht auf der Tanzfläche und schaut einem geliebten Menschen dabei zu, wie er eine andere küsst.
Vor zehn Jahren, am 1. Juni 2010, veröffentlichte die schwedische Künstlerin Robyn die Single „Dancing On My Own“. Ein heimlicher Dauerbrenner, der den Sound einer Dekade mitprägte. Der noch ein Jahrzehnt später Tanzflächen, U-Bahnsteige und Herzen füllt. Und während des Corona-Lockdowns sogar noch einmal aktueller wurde denn je.
„Dancing On My Own“bekam bei Erscheinen im Nachhinein gesehen das exakt richtige Ausmaß an Aufmerksamkeit: Platz 8 in den UK-Charts, Platz 3 in den Billboard „Dance Club Songs“in den USA.
Genug, damit Menschen den Song kennen. Aber nicht so viel, dass sie sich für immer daran satthören. Auf einer musikalischen Ebene war das Lied ein Blaupause für einen Elektropop-Sound, der in den Zehnerjahren populär wurde. In den „Die besten Songs der Dekade“-Listen stand „Dancing On My Own“letztes Jahr überall weit oben.
Der Inhalt ist, wie bereits angedeutet, schnell erzählt. Der Song beginnt mit einer ominösen Andeutung („Somebody said you got a new friend“). Die Protagonistin begibt sich daraufhin in den Club, wo sie ihren Geliebten vermutet.
Obwohl sie weiß, dass das nicht klug ist, muss sie es mit eigenen Augen sehen. Nach einer Minute setzt der Refrain mit dem charakteristischen „I’m in the corner, watching you kiss her“ein: Die Protagonistin steht in der Ecke und schaut dem Objekt ihrer Begierde mit einer anderen zu. Das tut weh.
Die Beziehung zwischen den beiden wird nie ganz klar benannt. Waren sie ein Paar? War es unerwiderte Liebe? Das bleibt offen, und das ist wahrscheinlich auch eine der Stärken des Songs: Je vager, desto mehr Identifikationsfläche. Irgendwie, irgendwo und irgendwann hat dieses Lied sehr vielen Menschen unter 35 einmal etwas bedeutet.
Kollektiv individuell
Erfolgreiche Songs funktionieren über diese Art von kollektivem Individualismus, bei dem jeder ein bisschen was anderes fühlt, aber immerhin alle gleichzeitig, gemeinsam einsam. Auf Konzerten spielt Robyn den Song gerne an und lässt ihn das Publikum zu Ende singen.
2019, nach dem Konzert im New Yorker Madison Square Garden, ließ jemand den Song in der mit Fans vollgestopften U-Bahnstation anlaufen, und eine fröhliche Hölle brach los. Es gibt Handyvideos, wie erwachsene
Menschen wie wild tanzen, stampfen, singen, schreien. Als Corona die Städte dieser Welt in einen ungewollten Tiefschlaf legte, twitterte eine US-Amerikanerin eines dieser Videos mit dem melancholischen Satz: Ich frage mich, ob wir dieses New York je zurückbekommen.
Überhaupt ist der Song quasi die perfekte CoronaHymne. Auf der App TikTok, wo man Videos hochladen und mit einer Auswahl an Musik unterlegen kann, filmten sich Menschen alleine tanzend in ihrem Lockdown. Und so wurde Robyns zehn Jahre alte Hymne zum Sound einer kollektiven Erfahrung. Und des Versuchs, heil durch diese durchzukommen und dabei vielleicht sogar noch ein bisschen Spaß zu haben.
Denn wer „Dancing On My Own“nur als traurige Nummer hört, der hört sie wahrscheinlich falsch. Die Protagonistin tanzt alleine, sie tanzt traurig, aber sie tanzt. Sie dreht sich, bis das Licht angeht und der Moment des Abschieds kommt.
In dieser bittersüßen Stimmung finden sich offenbar viele, vor allem junge Menschen wieder: Es mag die Liebe nicht so klappen wie man will, die Wirtschaft um einen herum zusammenbrechen, aber das wird ja auch nicht besser, wenn man sich nicht dazu bewegt.
Und so ist „Dancing On My Own“nicht nur ein Klassiker, sondern auch wieder bedrückend aktuell. Denn auch wenn das nächtliche Leben langsam wieder hochfährt: Alleine tanzen, das werden wir vermutlich noch eine ganze Weile müssen.
Sicherheit. Pius Strobl ist im ORF für Sicherheit zuständig und gelernter Gendarm. Und wer Pius Strobl kennt, der weiß, dass er durchgreift, wenn es sein muss, auch wenn es hart auf hart geht. Als Anfang März die ersten Corona-Infektionen in Europa und wenig später in Österreich bekannt geworden sind, zog er die Reißleine. So gut wie alle Mitarbeiter wurden ins Homeoffice geschickt. Niemand konnte sich vorstellen, dass der Sendungsbetrieb trotzdem aufrechterhalten werden kann.
Zum Höhepunkt der Krise übernachteten die Teams zwei Wochen lang in den Büros. Auch Stars wie Armin Wolf oder Nadja Bernhard. An allen ORF-Standorten gab es Fieberkontrollen, Journalisten mussten zu ihren Gesprächspartnern Abstand halten, Tätigkeiten wurden verschlankt und in das Homeoffice verlegt. So schnitten Redakteure zum Teil ihre Beiträge selbst, ein Schritt der seit vielen Jahren immer wieder angedacht aber wegen interner Widerstände nicht umgesetzt wurde. Nun könnte es sein, dass Corona Reformen antreibt.
Fünfmal mehr Infizierte
Wie wichtig die raschen und strengen Maßnahmen waren, zeigt die nun bekannt gewordene Zahl von rund 20 Erkrankungen im ORF-Personal. Das sind zwar nur 0,5 Prozent, aber knapp fünfmal so viele wie im ÖsterreichSchnitt. Klar, denn Journalisten für TV und Radio bewegen sich auch in der Krise mehr und müssen zu Hotspots fahren. Die meisten Infektionen wurden zwar in den Wohnungen der Mitarbeiter getestet, aber auch in den Büros gab es Infizierte. Und es gab auch strenge Sanktionen: Ein Redakteur im ORF-Landesstudio Vorarlberg wurde wegen unzulässigen Betretens einer Sperrzone entlassen. Alle rund zwanzig infizierten Personen haben ihre Infektionen gut überstanden.