„NACH DEM AUFWACHEN ERSTMAL NACKT SCHWIMMEN“
Thomas Stipsits, 36, ist der Wunderknabe des österreichischen Humors. Ob Film oder Buch – alles gelingt. Doch bis der Kabarettist seine Selbstzweifel überwinden konnte, dauerte es. Ein Gespräch über die Zufriedenheit als Hausmann, sein neues Buch und die
Die Pointe ist sein Lebenselixier. Doch lustig sein durfte Thomas Stipsits zuletzt nur zu Hause. Bühnenauftritte waren bislang nicht möglich, die Drehs zur Fortsetzung des Kinoerfolgs „Love Machine“und für sein Spielfilmprojekt „Griechenland“wurden verschoben. Ungewisse Zeiten – wie für viele von uns, auch was die Urlaubspläne für den Sommer betrifft. Der Kabarettist und Bestseller-Autor („Kopftuchmafia“) würde wie immer mit Ehefrau Katharina Straßer und den zwei Kindern auf Karpathos urlauben. Doch darf er das heuer? Um das Fernweh zu betäuben, treffen wir uns im Gastgarten eines griechischen Restaurants. Später gibt es Ouzo und Moussaka. Doch davor wird geredet.
Thomas, die Krise macht auch vor dem Kabarett nicht Halt. Wie geht es Ihnen so ganz ohne Publikum, haben Sie schon Entzugserscheinungen?
THOMAS STIPSITS: Bis es wieder weitergeht sind meine Kinder mein Publikum. Wobei die viel strenger sind, als Leute, die sich eine Eintrittskarte gekauft haben! Da muss ich mir immer einiges einfallen lassen. Ich merke jedenfalls, es wird wieder Zeit für Kontakt mit den Zuschauern. Gerade mein Beruf lebt ja von der Atmosphäre in einem Saal. Was fehlt Ihnen am meisten?
Das Gemeinschaftsgefühl mit dem Publikum. Und der Adrenalinkick kurz vor dem Auftritt. Ich bin ja immer sehr nervös und rauche dann ziemlich viel – was nicht gut ist. Also das viele Rauchen geht mir jetzt nicht ab. Aber dieser Thrill, sich jedes Mal der Herausforderung zu stellen, und zu versuchen,
38
das Publikum für sich zu gewinnen. Es ist ja jeder Abend anders.
Wir treffen uns hier in einer Taverne in Tulln. Griechenland, das ist für Sie zweite Heimat. Kommt da Urlaubsfeeling auf?
Ein bisschen, zumindest im Kopf. Seit 18 Jahren bin ich im Sommer in Karpathos. Doch dieses Jahr? Die Sehnsucht ist natürlich groß. Mein bester Freund Elias lebt dort. Die griechische Mentalität hat mich sofort fasziniert – so herrlich entschleunigt. Elias ist für mich wie Alexis Zorbas. Viel Geld hat er nicht. Aber er sagt: Everyday I got the sun,
I don’t need more. Diesen Mut muss man erst aufbringen. Er ruht in sich selbst. Studiert hat er nie, dafür besitzt er Lebenserfahrung. Im Burgenland würde man sagen: ein Kukuruz-Philosoph.
Stellt sich die Frage, ob diese Mentalität in unseren Breiten nicht hinderlich wäre. Bei uns wäre das schwierig. Aber dort besitzt es großen Charme. Es kann alles passieren, nur nicht sofort. Als im Jänner die Heizung ausgefallen ist, war mir gleich klar, dass das in 14 Tagen nicht repariert sein wird. Es ist auch nicht alles permanent verfügbar. Mein sechsjähriger Sohn Emil isst gern Salami. Die gibt’s halt nicht immer. Maybe next week, if the ship is coming. Depends on the wind. So blöd das klingt, aber das gefällt mir. Und es ist auch für den sechsjährigen Sohnemann eine gute Lebensschule.
Bei Ihrem ersten Urlaub vor 18 Jahren haben Sie das auch so locker gesehen?
Man lernt dort, loszulassen. Geschlafen habe ich am Strand im Schlafsack unterm freien Himmel. Zwei Badehosen, eine Zahnbürste und die Gitarre – mehr habe ich zum Leben nicht gebraucht. Morgens um halb sieben bin ich nach dem Aufwachen immer erstmal nackt schwimmen gegangen. Und jeden Abend sind Elias und ich mit dem kleinen Boot zum Calamari-Fischen aufs Meer rausgefahren. Ihm gehört auf Karpathos eine Snack-Bar. Er hat mich aufgefordert, Gitarre zu spielen, so haben wir uns kennengelernt. Ich habe dann was vom Danzer gespielt und es ist ein feuchtfröhlicher Abend geworden.
Klingt herrlich. Wie geht es Ihnen dagegen mit der sogenannten neuen Normalität? Trotz aller Sorgen hat mir die Stressreduktion gutgetan. Täglich mit der Familie kochen war schön. Ich habe Marillenknödel zubereitet oder Eiernockerln. Kost wie einst bei Oma! Der Sohnemann hat Radfahren gelernt und ich habe meiner zweijährigen Tochter beim Wachsen zugeschaut. Aber irgendwann habe ich gespürt, ich muss wieder kreativ sein. Sich aufzuraffen war nicht leicht! Ich habe es genossen, Hausmann zu sein. Doch dann habe