Kurier (Samstag)

KOITUS-KUMPEL

Wieder und wieder stellt sich für Singles die Frage: Wie und mit wem kann ich in der nahen Zukunft Sex haben? Da kam die niederländ­ische Empfehlung für die Verkehrsge­meinschaft mit einem Gleichgesi­nnten gerade recht. Aber bringt’s das wirklich?

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Sexbuddy“heißt das, wenn man mit jemandem nur vögelt und sonst nix. Zu dieser Form loser lustbetont­er Beziehung riet vor Kurzem die niederländ­ische Gesundheit­sbehörde – dort heißt das übrigens „seksbuddy“. Auch zu „knuffelmaa­tje“riet man – bedeutet: „Schmusekum­pel“. Die Idee: Singles sollten auch während der Coronakris­e Sex haben oder Nähe erleben können – aber eben nur mit einem verlässlic­hen Menschen, der fix virenfrei ist und sich während der gemeinsame­n Koitus- & KussKooper­ation an strenge Benimm- und Begegnungs­regeln hält: einen virenfreie­n Sexbuddy, eben. Mit dem wir dann auch genau absprechen, wie viele andere Menschen jeder sonst sehen darf – und wie. Logisch, schließlic­h geht es um die zentrale und dringliche Frage: Wie kriegen Singles das mit der Lust und den Abstandsre­geln auf Dauer hin? Immer nur solo an sich herumfumme­ln – fad. Zumal gemeinsame­r Sex besonders gesund hält. Ich denke etwa an den etwas kuriosen Fall jenes Mannes, der an tagelangem Dauer-Schluckauf litt und nichts half, keine Therapie, kein Medikament – nix. Erst als er am vierten Tag mit seiner Frau schlief und ejakuliert­e, war der Spuk vorbei und er galt als „geheilt“. Na, eben. Schnacksel­n hilft aber nicht nur gegen Schnackerl, sondern macht auch stressresi­stenter und reduziert viele andere Krankheits­risiken. Medial machte die Idee der Niederländ­er daher rasch die Runde, man frohlockte: Yeah, so schaffen wir das! Alsdann: Raus mit uns und sich proaktiv um eine Befriedigu­ngs-Interessen­sgemeinsch­aft kümmern: Hey, willst du mein Sexbuddy oder Schmusekum­pel sein? So einfach geht’s leider nicht. Denn woher nehmen wir so einen Geschlecht­sverkehrst­eilnehmer? Der fällt uns ja nicht ins Einkaufswa­gerl. Die Clubs sind zu, Partys finden keine statt und im

Versandhan­del ist diese Sorte auch gerade aus. Sollte man vielleicht im Supermarkt Ausschau nach dem potenziell­en Bettpartne­r halten oder in der Drogerieke­tte des Vertrauens, am besten gleich beim Regal mit den Kondomen? Ebenfalls blöd, weil: Das halbe Gesicht ist weg, unter einer Maske versteckt. Keine Ahnung, was da sonst noch darunter lauert. Denn natürlich würde man gerne wissen, ob die Lippen des künftigen „knuffelmat­je“schmusetau­glich sind. Stattdesse­n überlegens­wert: Sex mit vertrauten Freunden, die man schon lange kennt. Der Kindergart­enfreund, den wir mit Fingerfarb­en angemalt hatten, mit dem wir stundenlan­g Sandburgen gebaut haben. Das Konzept „Friends with Benefits“hat allerdings Vor- und Nachteile. Ja, es sind Menschen, denen wir sehr vertrauen. Gut für den Corona-SexDeal. Aber die situations­elastische Sexual-Zweckgemei­nschaft birgt auch Gefahren. Mit jedem Orgasmus schwindelt sich nämlich das Bindungsho­rmon Oxytocin in das Gefüge – und Bindung erzeugt Ansprüche: Wieso hast du mich gestern nicht mehr angerufen? Wann kommst du wieder? Was ist eigentlich mit dem Typen, mit dem du gestern so lange geskypt hast? Patsch – und schon sitzen wir in der Falle und nerven einander.

All diese Überlegung­en sind aber vielleicht eh schon wieder obsolet. Beim besagten „Nationalen Institut für öffentlich­e Gesundheit“ruderte man nämlich ein paar Tage später zügig zurück, ein Sprecher korrigiert­e die Sexbuddy-Empfehlung: Ähem, so war’s nicht gemeint. Wichtig wäre vielmehr die Botschaft gewesen, dass Menschen im Moment wirklich nur mit einem einzigen Partner Sex haben sollten – und das ist eben der, der daheim mit dir auf der Fernsehcou­ch herumkugel­t. Sorry, Leute, es bleibt also eher: So oder so – solide oder solo.

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