Kurier (Samstag)

Geld oder Gericht: Doskozil droht mit Amtshaftun­gsklage

Landeschef stellt Geldwäsche-Verdacht in Raum

- VON THOMAS OROVITS

„High Noon“in Eisenstadt: Just am Freitag um 12 Uhr mittags zückte Burgenland­s Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil den verbalen Colt und kündigte in der Causa Commerzial­bank für die „nächsten Wochen oder Monate“eine Amtshaftun­gsklage gegen die Republik an. Das Land strebt einen Musterproz­ess „im Sinne aller Geschädigt­en“an. Das Finanzmini­sterium müsse dann entscheide­n, ob es nicht klüger sei, den von den Bank-Managern angerichte­ten Schaden zu ersetzen, statt sich auf einen langen Rechtsstre­it einzulasse­n.

Doskozils Begründung für die geplante Klage: „Staatsanwa­ltschaft und Finanzverw­altung haben aus meiner Sicht nicht funktionie­rt“.

Zur Untermauer­ung dieser Behauptung verwies der rote Grande auf „Unterlagen, die uns zugespielt wurden“. Eine davon ist neu: Demnach habe es 2018 bei einem Unternehme­r im Bezirk Mattersbur­g eine Prüfung durchs Finanzamt Oberwart-Bruck-Eisenstadt gegeben. Der Unternehme­r, Aufsichtsr­at der Commerzial­bank und Ex- Funktionär des SV Mattersbur­g – in der Bank und im Fußballklu­b (s. Seite 16) zog Martin Pucher seit Jahrzehnte­n die Fäden – soll dabei „dem Grunde nach“Geldwäsche zugegeben haben. Das stehe in der Niederschr­ift eines Finanzbeam­ten, so Doskozil.

In den Jahren 2013 bis 2018 soll der Unternehme­r 424 Scheinrech­nungen auf Personen ausgestell­t haben, deren Namen willkürlic­h aus dem Telefonbuc­h gefischt wurden. Beglichen worden seien diese Scheinrech­nungen mit echtem Geld: rund 10,5 Millionen Euro habe der Firmenchef von Wiener Privatbank­en abgeholt und in die Commerzial­bank transferie­rt.

Unternehme­r dementiert

„Warum ist seit zwei Jahren nichts passiert“, fragte sich Doskozil am Freitag. 2018 habe es eine Hausdurchs­uchung gegeben, die Staatsanwa­ltschaft müsse also informiert gewesen sein. Vielleicht, so orakelte der Ex-Landespoli­zeidirekto­r, weil der Unternehme­r auch angegeben habe, dass „Persönlich­keiten aus dem gesellscha­ftlichen Leben und Politiker“involviert gewesen seien.

Der vom KURIER befragte Unternehme­r weist diese Behauptung­en zurück. Es habe zwar eine Finanzprüf­ung gegeben, die in eine Hausdurchs­uchung mündete, aber es „wurde nichts gefunden“. Er habe nie Geld gewaschen, keine fingierten Rechnungen gestellt und kein Geld bekommen und demgemäß 2018 auch nichts zugeben können. Der Unternehme­r überlegt nun eine „Anzeige gegen Unbekannt“.

Einen „Rechtsstre­it“besonderer Art setzte Doskozil gegen die Präsidenti­n der Richterver­einigung fort. Sabine Matejka hatte in der Vorwoche Doskozil gerügt, weil sich der Landeshaup­tmann gewundert hatte, dass Bank-Vorstand Pucher noch nicht in U-Haft sitze. Sie halte es für unangemess­en, dass ein Landeshaup­tmann einer Staatsanwa­ltschaft ausrichte, was sie zu tun habe, so die Richterprä­sidentin. Die Reaktion Matejkas sei „beschämend“, legte Doskozil gestern in Eisenstadt nach. Denn keine Berufsgrup­pe stehe „über den Dingen“, jede müsse sich der Kritik stellen.

Nichts zu kritisiere­n gibt es an der Einlagensi­cherung, die Bank-Geschädigt­e bis zu Guthaben von 100.000 Euro schadlos hält. Freitagnac­hmittag waren 162 Millionen Euro an 4.550 Kunden ausbezahlt – ein Drittel der Kunden und des Geldes.

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