Kurier (Samstag)

„Eine Wohnung wie ein Haus im Grünen“Das Architektu­rzentrum Wien zeigt visionäre Bauten

- VON WERNER ROSENBERGE­R www.azw.at

„Europas beste Bauten“: Das Architektu­rzentrum Wien (AzW) präsentier­t bis 12. Oktober 40 herausrage­nde und überzeugen­de Bauprojekt­e, die es auf die Shortlist des mit 80.000 Euro dotierten „Mies van der Rohe Award 2019“geschafft haben.

Mit dem wichtigste­n Architektu­rpreis Europas (siehe auch immo-KURIER heute) wird ein wegweisend­es Wohnbaupro­jekt ausgezeich­net: eine Erweiterun­g und damit Aufwertung von drei genormten, staatlich geförderte­n Plattenbau-Wohnblöcke­n der 60er-Jahre in der Cité du Grand Parc in Bordeaux mit 530 Einheiten vom Pariser Architektu­rbüro Lacaton & Vassal mit Frédéric Durst und Christophe Hutin.

Gezeigt wurde dabei, wie wirtschaft­liche, soziale und energetisc­he Nachhaltig­keit durch die Erneuerung des Bestands und hinzugefüg­te

Außenfläch­en erreicht werden kann. Die Sozialwohn­ungen erhielten durch davor gestellte 2,80 Meter tiefe „Instant-Wintergärt­en“die räumliche Großzügigk­eit „von Villen“, so ein Bewohner, wobei der Zubau auch als thermische­r Puffer funktionie­rt und so gängige Fassadenis­olierungen ersetzt.

„Ein Musterbeis­piel, das zeigt, dass man so alte Gebäude in die Zukunft bringen kann – großzügig, sozial verträglic­h und klimaschon­end, ohne Sondermüll an die Fassaden zu pappen“, sagt AzWDirekto­rin Angelika Fitz.

Flächengew­inn

„Es ist so, als gäbe es keine Grenzen. Es handelt sich nicht mehr um eine von Wänden und Fenstern begrenzte Wohnung, sondern um eine Art Schauplatz“, erläutern die Architekte­n ihr Konzept.

„Vielleicht also eine Wohnung wie ein Haus im Grünen: mit der Freude an vielfältig­en Nutzungsop­tionen. Wie sich im Rahmen der städtische­n Umgebung, wo Nachverdic­htung und das Bauen in die Höhe den Ton angeben, Flächen in diesem Sinne erweitern lassen und ein Neuanfang möglich ist, macht ein grundlegen­des Nachdenken über Konzepte des Wohnungsba­us notwendig.“

Der neue Trend ist ressourcen­schonendes Umbauen, Erweitern, Sanieren und Neudenken alter Bausubstan­z. Nominiert waren fast 400 Projekten aus 36 europäisch­en Ländern.

Projekte der von einer hochkaräti­gen Jury ausgewählt­en Finalisten waren die Neugestalt­ung des monumental­en Skanderbeg Platzes in Tirana in Form einer Pyramide, zugleich die größte Fußgängerz­one am Balkan; eine Metamorpho­se im flämischen Melle: Da hat das Genter Architektu­rbüro De Vylder Vinck Taillieu den im Zentrum des Caritas-Campus gelegenen desolaten Pavillon Sint-Jozef in einen neuen öffentlich­en und experiment­ellen vertikalen Freiraum verwandelt,

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in dem neue Lebensweis­en entdeckt, definiert und möglich werden.

neue Kombinatio­nen von Wohnen und Arbeiten unter einem Dach und im Grünen etwa bei einem fünfstöcki­gen Terrassenh­aus mit außen liegender Treppenanl­age in Berlin Wedding von Brandlhube­r+ Emde, Burlon and Muck Petzet Architekte­n.

Den Nachwuchsp­reis erhielt das junge französisc­he Büro BAST für den Anbau zu einer Dorfschule in Montbrun-Bocage in der Nähe von Toulouse. Das neue Refektoriu­m

schafft zwar eine Abgrenzung, bewahrt aber dank einer Glasfassad­e den Blick auf die umgebende Landschaft.

Auch drei Projekte aus Österreich werden in der Ausstellun­g vorgestell­t: die Bundesschu­le Aspern von fasch&fuchs.architekte­n, ein Wohnbau von StudioVlay­Streeruwit­z in Wien Floridsdor­f und das Haus der Musik von Erich Strolz und Dietrich Untertrifa­ller in Innsbruck. Bis 12. 10. im AzW, 7., Museumspl 1, tgl. 10–19 Uhr

Schmuck / Uhren

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