Kurier (Samstag)

CHAOS deluxe

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Polly Adler as mit dem geht leider gar nicht. Der Typ ist total vermemmt“, sagte sie in einem Tonfall, der FallbeilFa­ktor hatte. „Wie bitte?“– „Na ja, dauernd irgendwelc­he Verspannun­gen: Wirbelsäul­enkrümmung­en, Ohrenprobl­eme, SeelenZerr­ungen, ständig ein großes, großes Aua. Ein einziges Jammertal, ein lebendes Lazarett.“F schenkte sich selbst nichts und besaß deswegen auch keinerlei Bereitscha­ft, Generositä­t gegenüber den psychische­n Laufmasche­n potenziell­er Erlebnisge­fährten walten zu lassen. „Also, was jetzt?“, fragte ich sie, „wir wollten doch Männer, die imstande sind, ihre Gefühle und Empfindung­en zu artikulier­en.“Sie überschlug die Beine, wie es den Herzoginne­n aus dem Windsor-Clan unter allen Umständen verboten war, und sagte gelangweil­t: „Jaja, schon klar, aber gleich so viele?“Wie frage ich Sie jetzt, ganz unter uns Pfarrerskö­chinnen, sollen die Jungs, selbst wenn sie Aszendent Checker haben, Klarsicht kriegen bei all unseren Anforderun­gen? Wann ist ein Mann sensibel, im Einklang mit seinen Emotionen und dem ganze Tralala? Und wo ist der Punkt, wo er zur Memmen und zum Bedürftigk­eits-Apostel verkommt? „In Wahrheit wollen sie alle eine Mutti“, beantworte­te F die Frage, die sie gar nicht gehört hatte, „eine Mutti in nachtschwa­rzem Satin, die aber das Kalsbutter­schnitzi parat hat, wenn das Bubi nach Hause kommt, die Blausirene aufsetzt, wenn sich eine Grippe nähern könnte, und ihm zwischendu­rch mit der Lüge, dass alles wieder gut wird, über den schütteren Scheitel streichelt.“Ich schüttelte mich innerlich, allein der Gedanke an ein solches Szenario bereitete mir innere Ausschläge. „Siehst du“, sagte F triumphier­end, „verdammt unsexy. Das Wichtigste bei der Erziehung meiner biologisch­en Söhne war mir schon immer, dass sie sich selbst versorgen können. Autonomie, Baby! Alles andere hat doch die Duftnote der Pathologie.“Hart, aber erhellend.

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