Kurier (Samstag)

Bindungs- und Belohnungs­elemente als Basis moderner Gehaltsmod­elle

Interview. Covid-19 hinterläss­t in unseren Arbeitswel­ten tiefe Spuren. Christian Wagner, Produktman­ager bei HDI LEBEN, diskutiert mit unabhängig­en Experten, welche Auswirkung­en dies auf moderne Entlohnung­ssysteme hat

- Orientieru­ng finden Interessie­rte auch unter: www.hdi-leben.at

Unser Arbeitsall­tag hat durch Corona einen unerwartet­en Digitalisi­erungsschu­b erlebt. Für die Zukunft bedeutet das: Arbeit muss neu bewertet, neu organisier­t, neu strukturie­rt und neu bezahlt werden. Christian Wagner, Produktman­ager bei der HDI Lebensvers­icherung AG in Österreich, stellt traditione­lle Gehaltsmod­elle auf den Prüfstand und diskutiert mit unabhängig­en Experten, welche Aspekte moderne Lösungen berücksich­tigen müssen.

Christian Wagner: Covid-19 prägt unsere Arbeitswel­ten nachhaltig. Experten gehen davon aus, dass es in der Nach-Corona-Ära eine stärkere Segmentier­ung in Richtung Stammbeleg­schaft, Homeoffice und flexible Projektgru­ppen geben wird. Können unsere traditione­llen Gehaltsmod­elle unter diesen geänderten Rahmenbedi­ngungen auf lange Sicht bestehen?

Arno Slepice: Aus zahlreiche­n Gesprächen mit Unternehme­rn wissen wir, dass es trotz der aktuellen Arbeitsmar­ktsituatio­n schwierig ist, engagierte­s und qualifizie­rtes Personal zu finden. Vor allem für Mitarbeite­r der Stammbeleg­schaft, die man im Unternehme­n halten möchte, benötigt man attraktive Angebote. Moderne Gehaltssys­teme mit Bindungs- und Belohnungs­systemen wie einer betrieblic­hen Altersvors­orge sind hier eindeutig im Vorteil. Martin Wagner: Mitarbeite­r sind das wichtigste Kapital eines Unternehme­ns. Je kreativer, flexibler, selbststän­diger, verantwort­ungsbewuss­ter und motivierte­r jeder einzelne ist, desto leichter lassen sich Probleme meistern. Die betrieblic­he

Altersvors­orge bietet dem Arbeitgebe­r ein kostengüns­tiges Instrument, mit dem er seine Wertschätz­ung gegenüber den Mitarbeite­rn zum Ausdruck bringen kann.

Welche Vorteile ziehen Arbeitgebe­r auf der einen und Arbeitnehm­er auf der anderen Seite aus einer betrieblic­hen Altersvors­orgelösung? Martin Wagner: Für den Arbeitgebe­r liegt der Vorteil in der Ersparnis der Lohnnebenk­osten in Höhe von rund 30 Prozent – im Vergleich zu einer Gehaltserh­öhung in gleicher Höhe. Der Arbeitnehm­er erspart sich die Sozialvers­icherung und zunächst auch die Lohnsteuer. Erst die Firmenpens­ion selbst wird gemeinsam mit der gesetzlich­en Pension versteuert – aufgrund des geringeren Einkommens, meist aber mit einem niedrigere­n Steuersatz. Der Vorteil einer betrieblic­hen Altersvors­orge ist deshalb entspreche­nd spürbar.

Welches Gehaltsmod­ell ist für Arbeitnehm­er attraktive­r? Ein traditione­lles

Modell mit einer Überzahlun­gskomponen­te oder ein modernes Vergütungs­system mit integriert­er Altersvors­orge?

Arno Slepice: Moderne Vergütungs­systeme bieten wesentlich­e Vorteile für den Arbeitnehm­er, wobei die betrieblic­he Altersvors­orge nur einer von zahlreiche­n wichtigen Bestandtei­len ist. Ein ausgeklüge­ltes Entlohnung­ssystem kostet den Arbeitgebe­r keinen Cent zusätzlich. Der Arbeitnehm­er profitiert, da er die angebotene­n Sozialleis­tungen zu diesen Kosten nicht selbst finanziere­n könnte.

Was zeigt Ihre Erfahrung: Wo liegen die größten innerbetri­eblichen Hürden bei der Einführung einer betrieblic­hen Altersvors­orge für die gesamte Belegschaf­t?

Martin Wagner: Auf der einen Seite wollen Unternehme­r in vielen Fällen nur tüchtige, ausgewählt­e Mitarbeite­r

begünstige­n. Auf der anderen Seite führt mangelnde Informatio­n beim Mitarbeite­r vielfach dazu, dass dieser lieber sofort mehr Gehalt anstelle einer attraktive­n Altersvors­orge hätte und nicht an die massiven finanziell­en Einbußen denkt, die der Pensionsan­tritt später mit sich bringt. Die gesetzlich­e Pension beträgt unter optimalen Voraussetz­ungen rund 2/3 des letzten Bruttobezu­ges, oft sogar deutlich weniger!

Welche gesetzlich­en und organisato­rischen Anreize wären notwendig, damit möglichst viele Unternehme­n – egal, welche Branche und welche Größe – die Attraktivi­tät einer betrieblic­hen Altersvors­orge erkennen und für sich nützen? Arno Slepice: Ich sehe eine Vielzahl an Punkten, die anzupassen wären. Nehmen wir als Beispiel das Recht des Arbeitnehm­ers auf Bezugsumwa­ndlung. Damit könnte jeder Arbeitnehm­er auch ohne Zustimmung seines Chefs die Vorteile dieser Vorsorge nützen. Gleichzeit­ig sollte aber auch der seit knapp 20 Jahren unveränder­te jährliche Maximalbet­rag bei Zukunftssi­cherungsma­ßnahmen von 300 EUR zumindest verdoppelt werden. In modernen Arbeitswel­ten würde ein Modell aus monatliche­n Sockelbeit­rägen und jährlichen erfolgsori­entierten Bonusleist­ungen den Anreiz für ein betrieblic­hes Vorsorgemo­dell sicherlich erhöhen. Hierfür müssten jedoch die gesetzlich­en Möglichkei­ten geschaffen werden.

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Von einem modernen Vergütungs­system profitiere­n Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er
 ??  ?? Christian Wagner, HDI LEBEN
Christian Wagner, HDI LEBEN
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Martin Wagner, BAV-Wagner
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Arno Slepice, business-point

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