Ausblick macht Anleger nervös
Chinas Erholung geht vielen zu langsam. Dazu kommen steigende Infektionszahlen
An Europas Börsen dominierte am Freitag eine Farbe: Rot. Begründet wurden die Kursverluste unter anderem mit enttäuschenden Wirtschaftszahlen aus China. Im 1,4-Milliarden-EinwohnerLand nahm der Einzelhandel im Juli um 1,1 Prozent weniger ein als im Juli 2019. Damit steht das siebente Mal infolge ein Minus in der Bilanz.
China-Experte Max Kaernfelt vom Berliner Mercator Institute for China Studies (Merics) sieht die Zahlen allerdings nicht nur negativ. „Das Minus bei Kern-Indikatoren wie Industrieleistung, Export und Handel verkleinert sich von Monat zu Monat. Zum Vergleich: Im Juni lagen die Einzelhandelsumsätze noch 1,8 Prozentpunkte unter dem Vorjahr“, erläutert der Experte. „Die Zahlen werden besser, wenn auch nicht so schnell, wie es sich viele offenbar wünschen.“
Die hohe Arbeitslosigkeit wird wohl noch länger dafür sorgen, dass das Geld alles andere als locker sitzt. Zu Jahresbeginn lag das Wirtschaftswachstum in China noch bei 6,7 Prozent, im zweiten Quartal nur noch bei 3,2 Prozent. Investitionen in die Infrastruktur könnten im zweiten Halbjahr aber einen Schub nach vorne geben, schätzt Martin Rasmussen, Analyst von Capital Economics: „Dies dürfte zu einem weiteren Aufschwung in Industrie und Baugewerbe führen und dazu beitragen, die Flaute auf dem Arbeitsmarkt aufzufangen, den Konsum indirekt zu stützen und die wirtschaftliche Erholung auf Kurs zu halten.“
Erholung im Sommer
Währenddessen meldete Eurostat fürs zweite Quartal wenig überraschend einen Wirtschaftseinbruch von 12,1 Prozent im Euroraum. Es ist das stärkste Minus seit Beginn der Statistik 1995, am stärksten betroffen waren die Volkswirtschaften in Spanien (-18,5 Prozent) und Frankreich (-13,8 Prozent). Österreich und Deutschland sind im Vergleich dazu noch glimpflich davongekommen (Minus 10,7 bzw. 10,1 Prozent). „Es ist klar, dass das dritte Quartal besser wird, weil wir nicht die Schließungen von Teilen der Wirtschaft haben werden, die wir im
März und April hatten“, sagt IHS-Chef Martin Kocher. Wirtschaftstreibende und Anleger sind dennoch skeptischer für den Herbst, was sich auch an den Börsenkursen in den USA und Asien widerspiegelt. Kocher: „Grund dafür ist, dass die Infektionszahlen wieder steigen und damit die Unsicherheiten für die Wirtschaft.“