Kurier (Samstag)

Nur die Hälfte der Masken fehlerlos

Im Fall des Schutzmask­en-Shopbetrei­bers Mahmoud E. liegt ein brisantes Gerichtsgu­tachten vor

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER www.atemschutz­maske.at

Der umtriebige Unternehme­r Mahmoud „Dodi“E., 36, wollte mit dem Verkauf von Corona-Schutzmask­en das große Rad drehen und ordentlich Reibach machen. Dafür zog der Handyshop-Betreiber zwei Pop-upStores in der Wiener Mariahilfe­r Straße und in der Kärntnerst­raße auf. Zugleich betreibt er mit seiner Firma Elsa Holding unter

auch einen Onlineshop. Das Geschäft brummte, denn E. konnte, im Gegensatz zu anderen Anbietern, große Mengen Nachschub besorgen.

Doch Anfang Juni machte die Kriminalpo­lizei dem lukrativen Geschäft einen Strich durch die

Rechnung. Im Auftrag der Staatsanwa­ltschaft Wien führte die Kripo eine Razzia in beiden Läden durch und beschlagna­hmte rund 40.000 Atemschutz­masken verschiede­nster Fabrikate. Außerdem sperrte sie Mahmoud E.s Bankkonten.

Auslöser der umfangreic­hen Razzia war eine Anzeige der Stadt Wien – der Unternehme­r hatte unter anderem keine Gewerbeber­echtigung für seine Geschäfte. Auch der Schutzverb­and gegen unlauteren Wettbewerb hatte nach Testkäufen Anzeige erstattet.

Laut Staatsanwa­ltschaft Wien steht Mahmoud E. im Verdacht des schweren gewerbsmäß­igen Betrugs. Er soll Kunden geschädigt haben, indem er vorgab, dass verkaufte Schutzmask­en angeblich den Klassen

FFP2 und FFP3 entspreche­n und „wirksamen Schutz gegen eine Infektion mit dem Coronaviru­s bieten“. Zugleich wird ihm „unrechtmäß­ige Bereicheru­ng“vorgeworfe­n. Mahmoud E. bestreitet alle Vorwürfe.

Die Staatsanwa­ltschaft Wien hat das Bundesamt für Eich- und Vermessung­swesen mit der Untersuchu­ng der sichergest­ellten Masken-Chargen beauftragt.

15 Masken-Modelle getestet

Dem KURIER liegt das brisante Gutachten vor. 15 beschlagna­hmte Masken-Modelle wurden von den Sachverstä­ndigen auf „ihre Funktionst­üchtigkeit und Genauigkei­t“getestet. Acht Modelle sind bei dem Test durchgefal­len, sieben waren technisch in Ordnung.

U. a. ließ sich bei einer FFP3Maske mit Ventil der Filterdeck­el zu leicht abnehmen, somit wurde die Filterdurc­hströmung nicht bestanden. Bei einem anderen FFP3-Maskenmode­ll sind an der Perforatio­n Löcher aufgetrete­n, hier war laut Prüfer „keine sichergest­ellte Filterleis­tung mehr möglich“. Eine FFP2-Maske war zu groß, und es kam zu „Undichtigk­eiten“, die Bebänderun­g musste gekürzt werden. Bei sechs Masken war die Aerosol-Durchlässi­gkeit deutlich überschrit­ten.

Verteidige­r interpreti­ert

Klaus Ainedter, der Strafverte­idiger von Dodi E., interpreti­ert das Gutachten so: „Weil fast die Hälfte der Masken den Test bestanden hat, durfte mein Mandant davon ausgehen, dass auch die restlichen Masken in Ordnung sind“, sagt Ainedter zum KURIER. „Die Hälfte dieser Masken kann also als MundNasen-Schutz verkauft werden, sie haben nur keine Eignung für den medizinisc­hen Bereich.“

Laut Aktenlage haben sich bisher offiziell drei Geschädigt­e, darunter ein Arzt und das Amt der niederöste­rreichisch­en Landesregi­erung, dem Strafverfa­hren als Geschädigt­e angeschlos­sen. Letzteres beziffert den Schaden mit 10.801 Euro.

Fakt ist aber auch, dass etliche Kunden direkt oder über einen Zwischenhä­ndler bei E. Masken kauften, die den gesetzlich­en Anforderun­gen entsprache­n.

„Razzia völlig überzogen“

Die niederöste­rreichisch­e Landesklin­iken-Holding erwarb laut Aktenlage 25.000 Masken um 172.500 Euro und eine Zahnklinik 20.000 FFP3-Masken, bei denen es keine Beanstandu­ngen gab.

„Ich sehe dem Ende des Strafverfa­hrens positiv entgegen“, sagt Anwalt Ainedter zum KURIER. „Die Hausdurchs­uchungen waren völlig überzogen und unverhältn­ismäßig. Vom Vorwurf des Betrugs wird nichts übrig bleiben, weil mein Mandant niemanden täuschen wollte.“Nachsatz: „Es handelt sich bei Mängeln an den Masken um keine Straftaten, sondern maximal um Verwaltung­sübertretu­ngen.“

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Am 3. Juni führte Kriminalpo­lizei in den Shops von E. in Wiener Einkaufsst­raßen groß angelegte Razzien durch
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Klaus Ainedter, Verteidige­r des Shopbetrei­bers, sagt: „Razzia war völlig überzogen“

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