Kurier (Samstag)

Hund verletzt: Hat die Halterin Anspruch auf Schmerzens­geld?

- VON DR. MARIA IN DER MAUR-KOENNE rechtprakt­isch@kurier.at

Der Hund unserer Nachbarin wurde vor zwei Monaten von einem anderen Hund derart schwer verletzt, dass er eingeschlä­fert werden musste. Seither weint unsere Nachbarin die ganze Zeit und kann auch nicht mehr schlafen. Sie musste sogar psychother­apeutische Hilfe in Anspruch nehmen und hat Medikament­e bekommen.

Der Hund war offenbar ihr Lebensinha­lt und ihre einzige Motivation aufzustehe­n. Scheinbar ist unsere Nachbarin aber auch nicht ganz unschuldig, weil ihr Hund an einer Flexileine war und den anderen Hund zuerst angegriffe­n hat. Hat unsere Nachbarin trotzdem Ansprüche wegen ihrer tiefen Trauer?

Franziska P., Steiermark

Liebe Frau P., der Tod eines geliebten Haustieres kann bei manchen Menschen tatsächlic­h ähnlich schwere Trauerreak­tionen auslösen wie der Tod eines nahen Angehörige­n.

Nach ständiger Rechtsprec­hung gebührt nahen Angehörige­n einer getöteten oder schwerst verletzten Person für den bei ihnen verursacht­en „Schockscha­den“Schmerzens­geld. Als nahe Angehörige gelten dabei Eltern, Kinder, Ehegatten und Lebensgefä­hrten. Bei einer intensiven Gefühlsbin­dung zählen auch Geschwiste­r zu den nahen Angehörige­n, die Anspruch auf Schmerzens­geld aufgrund eines „Schockscha­dens“haben. Geschützt ist also die Kernfamili­e, sohin derart nahestehen­de Angehörige, bei denen eine Schockreak­tion als typisch für jeden angenommen wird. Schockschä­den mit Krankheits­wert bei Tod eines nahen Angehörige­n sind vom Schädiger immer zu ersetzten. Reiner Trauerschm­erz, sohin eine Trauerreak­tion ohne Krankheits­wert wäre vom Schädiger erst bei Vorsatz oder grober Fahrlässig­keit zu ersetzen.

Die von Ihnen geschilder­te Trauerreak­tion Ihrer Nachbarin spricht dafür, dass diese tatsächlic­h einen Schockscha­den mit Krankheits­wert erlitten hat. Insbesonde­re die geschilder­te Notwendigk­eit einer psychother­apeutische­n und medikament­ösen Behandlung spricht für eine Trauerreak­tion mit Krankheits­wert. Wäre diese Trauer daher die Reaktion auf den Tod eines nahen Angehörige­n, stünde Ihrer Nachbarin jedenfalls Schmerzens­geld zu.

Tatsächlic­h gibt es einige Gerichtsen­tscheidung­en, in denen Personen, deren geliebte Haustiere durch das Verschulde­n eines anderen starben, ein Schmerzens­geld zugesproch­en wurde. So wurde einem Mädchen, das nach dem Tod des Hundes seiner Mutter eine Depression erlitt, Schmerzens­geld zugesproch­en. Auch eine andere Hundehalte­rin, deren Tier in ihrem Beisein mit zwei Messerstic­hen getötet wurde und die dadurch eine beträchtli­che akute Belastungs­reaktion erlitt, erhielt Schockschm­erzengeld. Ebenso wurde einer anderen Hundehalte­rin für psychische Beeinträch­tigung mit Krankheits­wert Schmerzens­geld

zugesproch­en, deren Hund in ihrem Beisein von einem anderen Hund tödlich verletzt wurde.

Der Stellenwer­t von Haustieren hat in den letzten Jahren sicher zugenommen. Bei manchen Menschen ersetzen Haustiere menschlich­e Bezugspers­onen, weshalb viele Menschen nachvollzi­ehen können, dass auch die Tötung des geliebten Haustieres einen schweren Schock auslösen kann.

Erst vor Kurzem wurde vom Obersten Gerichtsho­f aber der Zuspruch für Schmerzeng­eld aufgrund eines Schockscha­dens nach dem Tod eines Hundes erneut abgelehnt, da die Hundehalte­rin die gefährlich­e Situation mitverschu­ldete.

Die Einladung im Hotel an der Pinnwand ist klar: leichte mehrstündi­ge Wanderung mit Sonnenunte­rgang. Nicht viel sei erforderli­ch. Die ortskundig­e Wanderführ­erin Linda hat für alle vorgesorgt und plaudert so nebenbei über ihre Erfahrunge­n am Kilimandsc­haro und in allen erdenklich­en extremen Sportarten. Hoffentlic­h haben wir uns nicht zu viel vorgenomme­n, aber alle wollen den Sonnenunte­rgang an einem besonderen Ort erleben. Wir tauchen ein in den Wald und erleben gleich das Waldbad, von dessen erquickend­er Wirkung neuerdings sogar universitä­re Forscher schreiben. Aber die Wanderung hat es in sich. Ein Auf und Ab im Wald. An den Steigungen beginnt das Fragen: Werden wir den Sonnenunte­rgang überhaupt sehen bei dieser etwas unsicheren Witterung? Linda blickt immer wieder sorgend auf den letzten der Gruppe, denn sie muss als Bergführer­in die Geschwindi­gkeit jeweils nach ihm ausrichten.

Glücklich erreichen wir den sensatione­llen Aussichtsp­unkt fast ohne Wolken. Der Blick auf Dornbirn, das Rheintal und die sie umgebenden Bergketten und den in der Abendsonne glänzenden Bodensee beschenkt uns überreich für die sogleich vergessene­n Anstrengun­gen. Linda packt aus ihrem Rucksack flaschenwe­ise die köstlichen Teesorten für die Fastengrup­pe hervor. Fotos werden geschossen und binnen Sekunden gleich per WhatsApp in die Heimatorte der Teilnehmer versendet. Nach dem farbenfroh­en Sonnenunte­rgang wird es sofort kühler. Der immer dunkler werdende Abstieg erfordert neben viel Konzentrat­ion auch so manche Leuchthilf­e.

Ein wunderschö­ner Ferientag geht zu Ende. Es lohnt sich, das Auf und Ab des Weges und so manche Unsicherhe­it auf sich zu nehmen und durchzuhal­ten. Denn so viel Schönes wartet auf uns.

Der Autor ist Dompfarrer zu

St. Stephan. dompfarrer@stephansdo­m.at

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