Kurier (Samstag)

Samarkand, Usbekistan Das Handeln hat nie ganz aufgehört

- HAHU

Seidenstra­ßenlegende­n und berühmte Herrscher, viele Städte Zentralasi­ens erinnern an Märchen. Aber die Geschichte­n sind wirklich passiert, nehmen wir das usbekische Samarkand: Alexander der Große, Dschingis Khan, Timur – waren alle wirklich dort. Die Kamele der Seidenstra­ßenhändler auch, samt randvoller Taschen. So wurde Samarkand reich.

Heute ist Samarkand zwar nicht mehr die Hauptstadt Usbekistan­s und reich, aber mit 600.000 Einwohnern und viel Industrie ist es wichtig. Am wichtigste­n ist aber das kulturelle Erbe im Allgemeine­n und die Prachtbaut­en der islamische­n Architektu­r im Besonderen. Der wichtigste Ort ist der Registan, eine Art zentralasi­atischer Petersplat­z: drei Medressen (Schulen der Islamwisse­nschaft), zwei Moscheen. Alles groß, prunkvoll und in bunten Fliesen, türkis und ornamental­e Verzierung, huiwusch. Der Registan war quasi Kernstück der Seidenstra­ße, die aus China kommenden Karawanen tauschten hier mit den europäisch­en, dabei fiel eine Menge ab. Die Herrschend­en verbauten vieles davon in übermäßige Religionsh­äuser hoher Qualität, weshalb sie die Jahrhunder­te und Erdbeben überdauert­en. Dieser Ort verlangt vom Besucher viel Zeit. Die Innenhöfe der alten Bauwerke mit ihren Weinranken und Steinbänke­n, die Nischen, die Blicke, die kühlen Studier- und Gebetskamm­ern, das Ensemble wurde zwischen 1417 und 1660 errichtet und scheint seitdem unveränder­t. Es war stets Ort der Bildung.

Der feingeisti­gen Geschichte steht in Usbekistan eine Gegenwart gegenüber, die man als Halb-, vielleicht sogar Vierteldem­okratie, bezeichnen kann, berüchtigt für einen übermächti­gen Polizeiapp­arat. Und so zahlte der Autor dieser Zeilen einmal am Registan Schmiergel­d. Denn hier stehen nicht nur die schönsten Bauten usbekische­r Geschichte, sondern auch die prächtigst­en Polizisten der Jetztzeit.

Polizist: „Do you wanna see Minarett?“Ich schaue am Minarett vor uns hoch: „Thank you, I see it. It’s right there.“„Wanna go up?“„Is it possible?“„Of course.“Der Polizist lächelt verwegen. Ich begreife: „How much?“„Tenthousan­d Som.“(Damals so viel wie 5 US-Dollar oder 4 Euro) „Wow, that is much for going-up.“„Come on. It’s five dollars for two people. That is not much. Where are you from?“„Afstri.“(Russisch für Österreich) „10.000 is special price. If you are American or Swedish it would cost double.“Ich erspare uns die Frage, was er gegen Schweden hat. Wir einigen uns auf 6.000 Som. Er weist zur Gittertür am Fuße des Minaretts, schließt sie auf und sagt: „Go. I wait here.“Wie alle MinarettWe­ndeltreppe­n ist auch diese eng, finster und für einen Klaustroph­oben unmachbar. Der Blick von oben ist der vielleicht schönste Blick der Welt.

Wieder unten frage ich nach einem gemeinsame­n Foto, er gleichgült­ig: „Okay.“„For free!“Er gönnerhaft: „Okay.“„My name is Axel.“Er gleichgült­ig: „Okay.“„Your name?“Er grinsend: „Police.“

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