Kurier (Samstag)

Pucher: 40 Mio. Euro für Fußball

40 Millionen Euro hat Martin Pucher in den SVM umgeleitet, ein Unternehme­r soll geholfen haben

- VON THOMAS OROVITS

Commerzial­bank. Das Einvernahm­e-Protokoll von Bank-Chef Pucher zeigt: Die Leidenscha­ft für den Fußball und seine Geldgesche­nke für Unternehme­r hätten Bank ruiniert.

„Stolz und Leidenscha­ft“heißt der deutsche Titel eines US-Abenteuerf­ilms aus den 1950er-Jahren, mit Cary Grant und Sophia Loren in den Hauptrolle­n.

Stolz und Leidenscha­ft haben auch zum Untergang der Commerzial­bank Mattersbur­g geführt. Zumindest wenn man Ex-Bankvorsta­nd Martin Pucher – der mit seiner Co-Vorständin Franziska K. in der Bank Regie führte – Glauben schenkt. Bei einer Einvernahm­e vor der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) am 30. Juli, deren Protokoll dem KURIER vorliegt, hat der 64-jährige Bankgründe­r und Fußballnar­r im Detail die Hintergrün­de der jahrelange­n Bilanzfäls­chungen erläutert, die in der Nacht auf 15. Juli in die behördlich verfügte Schließung der Regionalba­nk mit neun Standorten im Bezirk Mattersbur­g mündeten.

Die Leidenscha­ft

Seit 1992 habe er „rund 40 Millionen Euro unrechtmäß­ig entnommen“, das Geld sei „zur Gänze an den SVM geflossen“, sagte Pucher den Oberstaats­anwälten. Der Fußballver­ein, den der gebürtige Mattersbur­ger seit 1988 geführt und von der fünften in die erste Spielklass­e geführt hat, war Puchers Lebenselix­ier. Beim SVM habe all die Jahre „nie wer gefragt, woher das Geld kommt“. Ein Steuerbera­ter, den Pucher namentlich nennt, müsste es aber „wohl erkannt haben“.

Dass die mutmaßlich­en Malversati­onen schon in seiner Zeit bei Raiffeisen begonnen hatten (Mitte der 1990erJahr­e trennte sich Pucher im Streit und gründete die Commerzial­bank), war schon bekannt. Aber Pucher räumte vor der WKStA auch ein, dass es schon vor 1992 „ganz einzelne Fake-Kredite gegeben“habe – „höchstens“.

Die Fake-Kredite an fiktive Kunden, die von einer „Geschäftsb­eziehung“zur Commerzial­bank erst im Zuge der Ermittlung­en erfahren haben, sollten verschleie­rn, dass Pucher

ihm vertraute Unternehme­r aus der Region „durch Bargeldübe­rgaben begünstigt“habe. Die Unternehme­r, darunter ein Zimmerer und Vize-Aufsichtsr­atschef der Bank sowie ein Maler, hätten mit dem Geld „ihre notleidend­en Betriebe“finanziert.

Der Stolz

Den Firmenchef­s habe er gesagt, die Bank verdiene gut „und hilft dir“, wandelte Pucher auf Robin Hoods Spuren. Ob dabei alles mit rechten Dingen zugehe, habe ihn keiner der Beschenkte­n gefragt. So sollte vermieden werden, dass die Unternehme­n pleite gehen und die Commerzial­bank die Kredite abschreibe­n muss. Aber: „Ab Anfang der 2000er-Jahre war mir eigentlich bewusst, dass die Bank konkursrei­f ist, aber ich war zu stolz dazu, Konkurs anzumelden, und daher habe ich mit der Bilanzfäls­chung angefangen“, sprach Pucher Klartext. Er habe gehofft, durch die Verwertung von Patenten zur Energiegew­innung, die der Bank gehörten, den Schaden wettzumach­en (der KURIER hat darüber berichtet).

Aus dem Umfeld des Zimmerers werden die Behauptung­en Puchers zurückgewi­esen: Er habe „nie Geld geschenkt bekommen“, und die Zimmerei sei nicht notleidend. Vielmehr habe er sich von seinem Freund aus

Kindertage­n dazu instrument­alisieren lassen, quasi als Geldbote für verdecktes Sponsoring des SVM zu fungieren.

Die Mitwisser

Was Mitwisser betrifft, nennt Pucher ausdrückli­ch seine Vorstandsk­ollegin K., neben Pucher derzeit die einzige Beschuldig­te. „Die Verschleie­rungshandl­ungen wurden zur Gänze von Frau K. durchgefüh­rt, ursprüngli­ch in meinem Auftrag“. Er halte es für möglich, dass außerdem „zwei oder drei Leute“in der Bank Verdacht geschöpft haben. Einen hat Pucher rausgeworf­en, die beiden anderen sind selbst gegangen. Pucher will vor der Schließung der Bank niemanden gewarnt haben, auch seine Töchter hätten ein Firmenkont­o mit 800.000 Euro bei der Bank gehabt. Dieses Geld sei ebenso perdu wie sein eigenes.

Schlusssat­z des von zwei Schlaganfä­llen gezeichnet­en Fußball-Zampanos und ExBankers: „Ich bin am Ende.“

 ??  ?? Mitte der 1990er-Jahre wurde die Commerzial­bank gegründet, Mitte Juli 2020 wurde sie geschlosse­n. Der Schaden könnte an die 700 Millionen Euro betragen
Mitte der 1990er-Jahre wurde die Commerzial­bank gegründet, Mitte Juli 2020 wurde sie geschlosse­n. Der Schaden könnte an die 700 Millionen Euro betragen
 ??  ?? Vor der Ermittlung­sbehörde gab Pucher Details seines „Geschäftsm­odells“preis
Vor der Ermittlung­sbehörde gab Pucher Details seines „Geschäftsm­odells“preis
 ??  ?? Martin Pucher: SVM lebte vom Geld der Bank
Martin Pucher: SVM lebte vom Geld der Bank

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