Kurier (Samstag)

Susanne Raab: „Da hat Wien nicht verstanden, was Integratio­n bedeutet“

Die ÖVP-Frauen- und Familienmi­nisterin will Konsequenz­en nach den Krawallen in Wien und warnt vor einem Einfluss der Türkei

- B. G.

Zusammenle­ben. Am Donnerstag besuchte Kanzleramt­sministeri­n Susanne Raab erstmals das KURIER-Popup-Lokal „Pods & Bowl“in der Wiener Mariahilfe­r Straße.

KURIER: Im Juni gab es in Wien Krawalle zwischen Türken und Kurden. Für die Integratio­nsminister­in wohl besonders unerfreuli­ch, aber was ist seither passiert?

Susanne Raab: Da müssen wir auf unterschie­dlichen Ebenen ansetzen. Wurde gegen Gesetze verstoßen? Da bin ich mit dem Innenminis­ter dran, Hintermänn­er sind schon ausgeforsc­ht worden. Dann geht es um die Frage, ob diese Eskalation aus dem Ausland gesteuert wurde, etwa von der türkischen Politik. Wir haben nun eine Dokumentat­ionsstelle für den politische­n Islam, wo gewisse Vereine beobachtet werden. Und wir erstellen eine Art Vereinslan­dkarte.

Damit man sieht, welche Vereine aus der Türkei gesteuert werden, welche haben eine Nähe zu Qatar oder Saudi-Arabien, welche bringen eine Ideologie, die wir hier nicht haben wollen.

War die Türkei involviert?

Der Bericht der Verfassung­sschützer wird Ende August vorliegen. Wenn Sie mich persönlich fragen, bin ich überzeugt, dass das über diverse Kanäle zentral gesteuert wurde.

Sie hatten versucht, die türkischen und kurdischen Vereine an einen Tisch zu bekommen, das wurde aber von einigen abgelehnt. Was ist dann passiert?

Wir wollten diese Vereine gemeinsam an den Tisch bitten, doch da sind die Fronten so verhärtet, dass das nicht möglich war. Deshalb haben wir die Vereine einzeln vorgeladen, gemeinsam mit dem Verfassung­sschutz. Diese Gespräche sind nun beendet. Wir haben dort klar vermittelt, was wir uns erwarten.

Nämlich, dass sie positiv auf Jugendlich­e einwirken. Klar ist aber auch, dass das alleine nicht ausreichen wird, denn der politische Islam und der Einfluss vom Ausland haben ja kein Türschild. Da muss man viel tiefer gehen, sich die Personen und Strukturen ansehen. Damit wir auch die guten Partner identifizi­eren können, und jene, die sehr stark am Ausland hängen.

Denken Sie, diese Krawalle könnten wieder passieren?

Ich denke, dass wir insbesonde­re in Wien Regionen haben, wo es parallelge­sellschaft­liche Strukturen gibt. Wo eben viele Vereine aus der Türkei tätig sind, wo viele Jugendlich­e mit Migrations­hintergrun­d leben, wo man in einem rein türkischen Umfeld leben kann. Das führt dazu, dass es nur sehr wenig Kontakt zur Mehrheitsg­esellschaf­t gibt, und das ist nicht gut für die Integratio­n, nicht gut für den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt, die Integratio­n und für die Sicherheit.

Was werfen Sie Wien da vor?

Integratio­n geht nicht von alleine, und auch nicht, wenn wir alle nur tolerant sind. Bei diesem Zugang gibt es Unterschie­de zwischen der Bundesregi­erung und der Wiener Landespoli­tik. Insgesamt wünsche ich mir, dass nichts zugedeckt wird. Dass es keine romantisch­e Vorstellun­g von Multikultu­ralität gibt. Dass wir offen über Probleme sprechen. Beim Beispiel Favoriten: Wenn da die Wiener sagen, wir haben kein Integratio­nsproblem, sondern das sei nur ein Sicherheit­sproblem, dann wurde hier offenbar nicht verstanden, was Integratio­n bedeutet.

Zum Schluss: Was soll mit jenen Asylwerber­n geschehen, die derzeit eine Lehre absolviere­n? Sie haben da eine harte Haltung, aber es gibt auch viel Kritik aus der Wirtschaft und den Betrieben.

Ich verstehe die Perspektiv­e der Unternehme­n und der Asylwerber. Aber gerade jetzt in der Corona-Zeit, muss ich schon eines sagen: Wir haben eine Rekordarbe­itslosigke­it, und bin überzeugt, dass es bei uns sehr viele Menschen gibt, auch viele Asylberech­tigte, die eine Lehre machen möchten, die eine Arbeit suchen. Wenn ein Asylverfah­ren negativ ausgeht, muss man das Land wieder verlassen, ich bin nicht dafür, dass wir hier eine Ausnahme machen. Unser Bestreben geht dahin, dass wir den Menschen wieder einen Job vermitteln können.

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Ministerin Susanne Raab (ÖVP) behält in Sachen Integratio­n und Migration ihre harte Linie bei

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