Ab wann man stornieren kann
Entscheidend ist in Österreich, zu welchem Zeitpunkt man den Urlaub absagen will
Stornokosten. Reicht die Angst vor einer CoronaErkrankung aus, um eine Reise kostenlos stornieren zu können? Unter gewissen Umständen ja. Zumindest in Deutschland. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Frankfurt sorgt in der Reisebranche für Aufsehen – doch in Österreich ist die Rechtslage ein wenig anders.
Ein Mann aus Deutschland hatte eine Reise in den Golf von Neapel gebucht. Damals verzeichnete man in der Region schon eine hohe Ansteckungsrate, eine offizielle Reisewarnung gab es aber nicht. Der Mann wollte auf Nummer sicher gehen und stornierte. Der Veranstalter bestand auf die Stornogebühr
– man traf sich vor dem Richter. Und der vertrat die Auffassung: Eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Ausbreitung des Virus genügt, um kostenlos stornieren zu können. Eine Reisewarnung ist nicht Voraussetzung.
Ein Urteil, das auch in Österreich Anwendung finden könnte?
Geht man von der bisherigen Rechtslage aus, eher nicht, meint der Wiener Rechtsanwalt Eike Lindinger. Denn es gibt einen kleinen, feinen Unterschied zwischen Deutschland und Österreich: Die Berücksichtigung der Eintrittswahrscheinlichkeit.
Der Begriff stammt aus einem Urteil aus dem Jahr 2001 und besagt, dass 25 Prozent Wahrscheinlichkeit genügen – das gilt seither in Deutschland als Leitentscheidung.
Diese Rechtsprechung gibt es in Österreich nicht. Noch nicht. „In manchen juristischen Kommentaren wird dieses Urteil bereits erwähnt“, sagt Lindinger.
Zeitpunkt entscheidend
Für österreichische Urlauber ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt sie eine Reise stornieren wollen. „Die zum Rücktritt berechtigende Unzumutbarkeit muss sich dabei aus einer konkreten Gefahrenlage ableiten“, sagt Lindinger. Die entscheidende Frage ist, wie ein durchschnittlicher Reisender die künftige Entwicklung am Reiseziel beurteilt hätte. „Unerheblich ist dabei die spätere reale Entwicklung“, so Lindinger.
Gibt es bereits eine aktuelle Reisewarnung, werden Urlauber ihr Geld wohl komplett zurückbekommen – aktuell wäre das zum Beispiel für Kroatien der Fall. Der Bitte Kroatiens, nur partielle Reisewarnungen auszusprechen, entsprach Österreich übrigens nicht. Die Urlauber seien zu mobil.
Spanien-Urlauber
Etwas schwieriger ist das schon bei Reisen nach Spanien. Österreich hat zwar eine entsprechende Reisewarnung für das Festland und die Balearen (also für Mallorca, Menorca, Ibiza, Formentera, Cabrera) veröffentlicht. Nicht aber für die Kanarischen Inseln; da gibt es zwar ein „hohes Sicherheitsrisiko“, aber keine Reisewarnung.
Deutschland allerdings hat eine Reisewarnung für Gesamt-Spanien inklusive Inseln ausgesprochen. Das könnte man bei einem Rechtsstreit als Konsument ins Treffen führen.
Nicht unwesentlich ist die Art der Reise – war ein Ballermann-Urlaub geplant, ist der wohl gar nicht mehr möglich. Für einen ruhigen Strandurlaub stehen die Chancen besser.