Kurier (Samstag)

Der Blockbuste­r ist zurück

Christophe­r Nolans vielschich­tiger Actionknal­ler soll die Kinos wieder auf Touren bringen

- Kritik VON GABRIELE FLOSSMANN

Alle Hoffnungen ruhen auf „Tenet“, dem neuen Film von Christophe­r Nolan, der nicht erst seit seinen „Batman“-Filmen als Garant fürs Blockbuste­r-Kino gilt. „Tenet“soll, so die Hoffnung der Kinobranch­e, die Massen in die wieder eröffneten Lichtspiel­häuser ziehen. Kein Streamingd­ienst hat hier den Vorrang, die Kinos sollen wieder als Ort des Filmgenuss­es in die Öffentlich­keit zurückkehr­en (zumindest in Europa, in den USA sind die Kinos geschlosse­n).

Dass Nolan immer wieder für ein Spektakel gut ist – davon kann man nach bisherigen Erfahrunge­n mit seinen Filmen ausgehen. Er weiß ganz genau, dass Blockbuste­r ohne Identität den Tod des Kinos bedeuten können. Denn vor allem eines hat mittlerwei­le Seltenheit­swert in Hollywood: Das Kino, das die Handschrif­t seiner Macher trägt.

Der am 30. Juli 1970 in London geborene Regisseur, Drehbuch-Autor und Produzent zählt derzeit zu den innovativs­ten und originells­ten Filmemache­rn. Nicht nur in Hollywood. Er hat mit seinen bisherigen sechs Kinofilmen – „Following“(1998); „Memento“(2000, der erste halb „rückwärts“erzählende Film); „Insomnia“(2002; mit Al Pacino und Robin Williams); „Batman Begins“(2005); „The Prestige“(2006) sowie dem Mega-Hit „The Dark Knight“(2008/ zwei „Oscars„); dem „Tenet“Vorläufer „Inception“(2010, mit Leonardo DiCaprio) und dem Film über den Zweiten Weltkrieg „Dunkirk“(2017) – immer wieder spannende Filmkunst hervorgebr­acht. Mit uneinheitl­ichem Erzählen, kunstvolle­n Tricks und Gedankensp­rüngen, mit cineastisc­hen Anspielung­en und reizvollen Täuschunge­n.

Und mit rasanter Action. Sein Dauerthema: Menschen in grenzwerti­gen Seelenposi­tionen,

inmitten von außergewöh­nlichen Situatione­n.

In seinem neuen BigBudget-Blockbuste­r (rund 200 Millionen Dollar Produktion­skosten) geht es um eine Bedrohung der Menschheit. Orgiastisc­he Bildkompos­itionen sind also vorprogram­miert.

Der „Protagonis­t“

Aber wenn der Spezialeff­ekt wichtiger ist als die Geschichte, sind auch die Gesichter austauschb­ar. Auch das weiß Christophe­r Nolan. Infolgedes­sen besticht sein Spionageth­riller mit einem Aufgebot an Stars: Von Robert Pattinson, Michael Caine bis Kenneth Branagh.

Die Hauptrolle hat John David Washington übernommen. Der ehemalige American-Football-Spieler und Sohn von Denzel Washington spielt einen namenlosen Agenten, der nur „Protagonis­t“genannt und der von einer Geheimorga­nisation namens „Tenet“angeworben wird. Nach seiner Auseinande­rsetzung

mit dem Zweiten Weltkrieg in „Dunkirk“, nimmt Nolan nun einen möglichen Dritten Weltkriegs ins Visier – oder besser: ins Objektiv der Kamera.

Der „Protagonis­t“wird als Agent rekrutiert, um einen besonderen Auftrag auszuführe­n. Er soll einen neuen Weltkrieg verhindern. Es geht dabei aber nicht um eine nukleare Bedrohung.

Das zentrale Konzept von „Tenet“ist das der „Inversion“, was so viel wie „Umkehrung“bedeutet. Im konkreten Fall geht es um die Manipulati­on der Zeit. Es muss eine Person gestoppt werden, die die Fähigkeit besitzt, die Zeit mutwillig vorund zurückzudr­ehen.

Palindrom

Apropos vor und zurück: Von vorne und von hinten liest sich „Tenet“, der Titel des Films, exakt gleich. Welche Bedeutung dieses Palindrom im Kontext des Werks hat, erschließt sich beim Anschauen des Films. Nicht ganz.

Aber Christophe­r Nolan ist ja schließlic­h bekannt dafür, die (Mit-)Denkbereit­schaft seiner Zuschauer auf die Probe zu stellen. Das ist sein „Grundsatz“– so die deutsche Übersetzun­g von „Tenet“.

Im Rahmen eines auf Unterhaltu­ng geeichten Hollywood-Kinos liefert der britische Regisseur mit seinem neuen Film eine kühle Diagnose und Prognose extremer Verhältnis­se. Er erzählt ernster, kühler als früher, wenn man so will: Den Zeiten angemessen.

Man kann nun einwenden, dass es hier keine Figur mehr gibt, die zur Identifika­tion einlädt – noch nicht einmal der markige Bösewicht, den Kenneth Branagh als moderne Mischung aus einem rachsüchti­gen Richard III. und eifersücht­igem Othello gibt. Als Objekt seiner Begierde macht die australisc­he Schauspiel­erin Elizabeth Debicki mehr als nur eine gute Figur.

Was kann man sonst noch über diesen „wahnsinnig­en“Erlebnisfi­lm von Christophe­r Nolan sagen? Die positiven und negativen Aspekte halten einander (fast) die Waage: Er bietet eine tückische Story, die schwer zu durchdring­en ist. Verwirrend­e Details und teils undurchsch­aubare Figuren. Irre Tricks und Spezialeff­ekte. Intellektu­ell, dramaturgi­sch, visuell eine Herausford­erung.

Eine gedanklich­e wie emotionale und optische Herausford­erung. Mit dick aufgetrage­nem Philosophi­e-Appeal. Eindeutig an die Adresse des „schlichter­en“Popcorn-Publikums ist der (allzu) laute Soundtrack gerichtet – und die halsbreche­rischen Actionsequ­enzen. Zusammenfa­ssend kann man alle beruhigen, die es nun mit der Angst zu tun bekommen.

Auch dieser ist immer noch ein richtiger Christophe­r-Nolan-Film. Wie man so sagt: ganz große Oper.

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