Kurier (Samstag)

Ein neues Protokoll zum Ibiza-Video

Ein „unmoralisc­hes Angebot“an Strache

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Abschrifte­n. Rund um das Ibiza-Video gibt es bisher unveröffen­tlichte Protokolle aus dem Ermittlung­sakt der Korruption­sstaatsanw­altschaft. Wenige Wochen vor der Wien-Wahl werden diese vom Hauptakteu­r im Video, Heinz Christian Strache, für eine Entlastung­soffensive genutzt. Laut Strache-Anwalt sei gegen seinen Mandanten nichts Belastende­s drinnen. Trotzdem ist für den Ex-Vizekanzle­r die Sache damit längst nicht ausgestand­en. Die Protokolle, die dem KURIER vorliegen, umfassen 190 Seiten. Aber nur 30 Seiten sind nicht geschwärzt. Laut dem leserliche­n Teil hat Strache in Ibiza bei einem „unmoralisc­hen 270-Millionen-Angebot“auf die Rechtmäßig­keit bestanden.

Nach drei Stunden Zusammensi­tzen wird Detektiv Julian H. im berüchtigt­en Video in der Ibiza-Villa deutlicher: „Schau, sie (gemeint ist die angebliche Oligarchen­Nichte) will hören: Ich bring 270 Millionen. Innerhalb von soundsovie­l Zeitraum bekomme ich das zurück und ihr bekommt das.“

Heinz-Christian Strache meint dazu: „Ja, aber das spielt’s nicht.“

Doch der Detektiv lässt nicht locker und beschwert sich offensiv darüber, dass Strache immer wieder sagt „innerhalb dessen, was rechtens ist“. 190 Seiten lang ist die Abschrift des sogenannte­n Ibiza-Videos. Nur rund 30 davon sind laut Strache Anwalt Johann Pauer nicht geschwärzt worden. Und dieser Teil liegt dem KURIER vor.

Der Inhalt: Die Sprache Straches ist im privaten Rahmen derber als bisher angenommen. Es fallen Sätze wie „Ich sch... auf jeden Cent“oder „Ich bin ja kein Trottel.“Mehrfach wird Fäkalsprac­he im Gespräch verwendet.

Und auffällig oft weist Strache darauf hin, dass alles rechtmäßig ablaufen muss – als hätte er die Falle doch gerochen. Strache-Anwalt Johann Pauer sieht seinen Mandanten entlastet. Dennoch steht fest, dass Strache damit liebäugelt­e, den Bauunterne­hmer Peter Haselstein­er bei öffentlich­en Aufträgen auszuboote­n. Außerdem wollte er der Oligarchen­Nichte eine Übernahme der Kronen Zeitung schmackhaf­t machen, um von deren Medienmach­t zu profitiere­n. Und Strache kündigt etwa einen „Überpreis“, sprich einen Reibach, bei Staatsauft­rägen an: „Da hast du das“.

Was der Detektiv Julian H. dem späteren Vizekanzle­r durch beständige­s Nachfragen herauslock­t, sind politisch brisante Aussagen. Ob sie auch strafrecht­lich relevant sind, müssen Gerichte klären. Fest steht, dass der ungeschwär­zte Teil des Transkript­s bei 3 Stunden und knapp 14 Minuten, also etwa bei der Halbzeit, endet. Was am Ende besprochen wird, bleibt vorerst unklar.

Hier die neuen Protokolle im Ermittlung­sakt.

Wasserverk­auf

Mit der angebliche­n russischen Oligarch-Nichte Alyona Makarow spielen Johann Gudenus und HC Strache Investment­möglichkei­ten in Österreich durch. „Wir wollen das österreich­ische Wasser nicht privatisie­ren, sondern wir wollen eine Struktur schaffen, wo wir das Wasser verkaufen als Trinkwasse­r“, sagt Strache.

Ihm schwebt eine staatliche Wasser-Struktur mit privatem Betreiber vor: „Wo der Staat eine Einnahme hat und derjenige, der das betreibt, genauso eine Einnahme hat. (…)

Der Staat ist prozentuel­l beteiligt. Eine Sperrminor­ität bekommt. (…) Das muss aber gesetzlich geregelt werden klarerweis­e. Wie viel Anteil der Staat hält und Anteile der Lizenznehm­er“. Strache hält auch fest, dass „eine Privatisie­rung des Wassers undenkbar ist (…) Wir würden sozusagen die Quellen nie verkaufen.“

Bei Parteispen­den schwebt Strache eine Umgehungsk­onstruktio­n „nicht direkt in die Partei, sondern in den Verein“vor: „Der Verein ist gemeinnütz­ig, der hat nichts mit der Partei zu tun, dadurch hast Du keine Meldung an den Rechnungsh­of“.

„Nein, das ist unser Verein, das ist ein privater Verein“, sagt Gudenus. Strache ergänzt: „Schau, es gibt Zusagen, wenn sie es hören will, es gibt Zusagen (…) ein großer Tiroler Unternehme­r, dessen Namen ich nicht sagen kann (…) Momentan haben wir jetzt zehn potenziell­e Spender“, räumt er ein. „Schau, die Spender sind in der Regel Idealisten, die wollen Steuersenk­ung.“

Auch um das österreich­ische Glücksspie­lmonopol dreht sich das Gespräch länger:

„Schau, die Casinos Austria (…) die hat heute alle staatliche­n Monopolste­llungen, das wollen wir abdrehen, wir wollen kein Monopol, das heißt, wir sind gegen das Monopol, das Monopol wollen wir aufbrechen (…)“, sagt Strache. „(...) und wollen, dass das Ganze in eine Privatisie­rung geht, da ist die Möglichkei­t da, der größte Player ist natürlich Novomatic. Die Möglichkei­t ist, dass wir das Monopol kappen und die Lizenzen ausschreib­en“.

Gudenus erklärt der Oligarchen-Nichte, dass Wien durch das Verbot des kleinen Glücksspie­ls (Automaten) 70 Millionen Euro an Abgabenein­nahmen verloren habe. Strache dazu: „Das heißt, wir vertreiben die Leute ins Internetgl­ücksspiel, nach Pressburg und in andere Regionen (…) Wir machen ein Gesetz, wo wir geordnete Spielcasin­os zulassen (…)“

Korruption

„Joschi, du musst ihr sagen, wir haben ein Programm und wer das Programm unterstütz­t ist dabei“, sagt Strache. „(…) Wir haben kein Programm, das wir ausrichten nach Spendern, die Spender spenden uns aufgrund des Programms (…) Jeder, der uns gespendet, spendet uns, weil wir ein Programm haben, das … Steuern senkt (…)“

Die Oligarchen-Nichte ist mit dem Lauf des Gesprächs unzufriede­n. Sie nimmt den beiden FPÖ-Politikern nicht ab, aus idealistis­chen Gründen zu handeln, sie stünden „im Sold von irgendwem“. Strache kontert: „Wir sind nicht Teil des Systems, wir sind nicht gekauft.“

Strache erzählt auch, dass ihm, dem „kleinen Schneebrun­zer“,

2004 eine nicht näher genannte Gruppe bei einem Essen 20 Millionen zahlen wollte, wenn er „die Goschn hält“: „Ich sag, ich scheiß auf Euer Geld, ich stehe jeden Tag auf, ich schau mir jeden Tag in den Spiegel, es geht mir gut, kann alles, was ich will, mehr brauche ich nicht. Ich bin jeden Tag sauber.“

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