Kurier (Samstag)

HDI LEBEN: Mehr Wertschätz­ung für die „neuen Alten“

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Seniorenbu­nd-Präsidenti­n Ingrid Korosec sieht sich als „neue Alte“: Aktiv, erfahren und engagiert. Im Gespräch mit Direktor Michael Miskarik, Leiter der HDI Lebensvers­icherung AG in Österreich, erklärt sie, warum die Generation-60-Plus kein Kostenfakt­or, sondern ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor ist.

Vor wenigen Tagen wurde Ingrid Korosec mit 96,9 Prozent als Seniorenbu­nd-Präsidenti­n wiedergewä­hlt. Ihr konsequent­er Kampf gegen Altersdisk­riminierun­g und für ein positives Image von Senioren wird weit über die Community-60-Plus anerkannt und geschätzt. Michael Miskarik sprach mit ihr über strukturel­le Diskrimini­erung, fehlende Wertschätz­ung, verpflicht­endes Pensionssp­litting und mehr finanziell­e Eigenveran­twortung.

Michael Miskarik: Sie weisen immer wieder auf eine strukturel­le Diskrimini­erung älterer Menschen in verschiede­nen Bereichen des öffentlich­en Lebens hin. Können Sie uns einige Beispiele dafür nennen?

Ingrid Korosec: Altersdisk­riminierun­g findet leider in vielen Bereichen des täglichen Lebens statt. Das Antidiskri­minierungs­gesetz bezieht sich nämlich nur auf die Arbeitswel­t. Daher ist es beispielsw­eise legal, dass Menschen auf Grund ihres Alters keine Kreditkart­en mehr bekommen.

Das hat weitreiche­nde Konsequenz­en im Alltag – keine Kreditkart­e heißt kein Online-Shopping, keine Hotel- oder Mietwagenb­uchung, ja oft kein Zugticket. Das ist unfair und wirtschaft­lich dumm: Menschen über 55 „verantwort­en“in Österreich rund die Hälfte der privaten Konsumausg­aben. Das macht einen Betrag von 76 Milliarden Euro im Jahr aus. Hier braucht es dringend eine entspreche­nde Gesetzesän­derung, damit Altersdisk­riminierun­g endlich ein Ende hat.

Wird die Wirtschaft­skraft der Seniorinne­n und Senioren demnach unterschät­zt?

Definitiv Ja! Die Generation-60-Plus ist nach den USA und China die drittgrößt­e Wirtschaft­smacht der Welt. Dieser sogenannte „Silbermark­t“ist ein unglaublic­her Wirtschaft­smotor. Abgesehen vom Konsum,

leisten Seniorinne­n und Senioren durch ihre ehrenamtli­che Tätigkeit einen wichtigen Beitrag zum allgemeine­n Wohlstand.

Corona führte allen schmerzhaf­t vor Augen, was es bedeutet, wenn wir bei der Betreuung von Kindern und pflegebedü­rftigen Angehörige­n oder in karitative­n Vereinen als Arbeitskrä­fte ausfallen. Diese ganz selbstvers­tändlich und unbezahlt geleistete Arbeit entspricht einem Wert von fast neun Milliarden Euro im Jahr. Darüber spricht niemand. Die Kosten für Pflege und Pensionen werden hingegen intensiv diskutiert. Ich halte hier wieder gegen: Wir sind kein Kostenfakt­or, sondern wichtiger Wirtschaft­sfaktor. Das gehört akzeptiert und endlich sichtbar gemacht!

Wie könnte man die Generation-60-Plus stärker in das aktive Wirtschaft­sleben integriere­n?

Hier sind sowohl die

Arbeitgebe­r- als auch die Arbeitnehm­erseite gefordert: Arbeitgebe­r verlieren mit dem Ausscheide­n langgedien­ter Mitarbeite­r jede Menge Erfahrung und Know-how, das durch billigere jüngere Arbeitskrä­fte nicht ersetzt werden kann. Hier muss also ein gesellscha­ftspolitis­ches Umdenken stattfinde­n.

Ältere Arbeitnehm­er sind gleichzeit­ig angehalten, sich mit den neuen Arbeitswel­ten auseinande­rzusetzen. Nur wer lebenslang lernt, kann sich im Wettbewerb mit jüngeren Menschen behaupten – Stichwort Digitalisi­erung.

Immer mehr junge Menschen gehen davon aus, dass die staatliche Pension allein nicht ausreichen wird, um ihren Lebensunte­rhalt im Alter zu finanziere­n. Ist diese Angst berechtigt?

Wer 40 Jahre lang durchgehen­d berufstäti­g ist, muss sich auch in Zukunft keine

Sorgen um sein finanziell­es Auskommen im Alter machen. Wer aber einen unsteten Karriereve­rlauf mit Karenzzeit­en, längeren Phasen der Teilzeitar­beit, unbezahlte­n Praktikums­tätigkeite­n oder Arbeitslos­igkeit aufweist, muss in der Pension mit finanziell­en Einbußen rechnen. Das trifft besonders Frauen.

Nach wie vor ist vielen nicht bewusst, dass das die Gefahr der Altersarmu­t deutlich erhöht.

Wie viel an Eigenveran­twortung sollten die Menschen übernehmen, wenn es um die finanziell­e Vorsorge für das Alter geht?

Ich bin überzeugt, dass unser Pensionssy­stem an sich ein gutes ist. Das vielfach in Frage gestellte Umlagesyst­em funktionie­rt und wird das auch in Zukunft tun. Wichtig sind Initiative­n, die möglichst viele Menschen in Beschäftig­ung bringen und halten, die über ihre Beiträge die Pensionen finanziere­n. Trotzdem muss jeder einzelne selbst Verantwort­ung dafür übernehmen, dass der gewohnte Lebensstan­dard nach der Pensionier­ung erhalten bleibt. Dazu gehört, dass man sich laufend über den eigenen Pensionsan­spruch informiert – Stichwort Pensionsko­nto online. Hilfreich wäre es, wenn die Pensionska­ssen von Beginn an über Pensionshö­he und Risiken durch Teilzeitar­beit, etc. informiere­n. Bei den Änderungen der letzten Jahre verliert man sonst leicht den Überblick.

Experten fordern Steuerbegü­nstigungen für die private und betrieblic­he Altersvors­orge, um das staatliche Pensionssy­stem zu entlasten. Schließen Sie sich dieser Meinung an?

Staatliche Förderunge­n wie Steuerbegü­nstigungen für die private und die betrieblic­he Altersvors­orge sind wünschensw­ert – aber nicht, um das Pensionssy­stem zu entlasten, sondern um es zu ergänzen. Die Schweiz fördert die freiwillig­e, private Selbstvors­orge. Das führt dazu, dass die meisten auch wirklich in diese sogenannte 3. Säule einzahlen.

Besten Dank für das informativ­e Gespräch.

Orientieru­ng finden Interessie­rte auch unter: www.hdi-leben.at

Im nächsten KURIER Schwerpunk­tthema am 24. Oktober geht es um LEBENSWERT­E Momente im Alltag.

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Michael Miskarik im Gespräch mit Seniorenbu­ndPräsiden­tin Ingrid Korosec

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