Kurier (Samstag)

Böse laute Motorräder?

Die Streckensp­errungen für Motorräder im Tiroler Außerfern gelten zwar nur noch bis 31. Oktober, die Debatte über die Sinnhaftig­keit derartiger Regelungen wird aber noch viel länger anhalten

- VON THOMAS PRESSBERGE­R

Die Streckensp­errungen für Motorräder im Tiroler Außerfern sorgen in der Zweiradbra­nche für Aufregung. Die Fahrverbot­e gelten an fünf Bergstraße­n, betroffen sind Maschinen mit einem Standgeräu­sch von mehr als 95 Dezibel. Das stößt vielen Motorradfa­hrern sauer auf. „Der Staat verlangt in Europa die zweithöchs­ten Steuern für Bikes und kommt nachher und sagt ’Aber fahren dürft ihr da und dort nicht’“, sagt Ferdinand O. Fischer, Sprecher des Zweiradhan­dels in der WKO. Das könne nicht sein.

Vielen sei nicht bewusst, wie groß die Gruppe der Zweiradfah­rer in Österreich ist. Fast jeder zehnte Österreich­er besitzt ein Motorrad, einen Roller oder ein Moped. „Die Frage ist deshalb, ob bei mit solchen Maßnahmen mit Augenmaß vorgeht“, meint Fischer.

Mehr Camper. Die Pkw-Neuzulassu­ngen sind im September zum ersten Mal im heurigen Jahr gestiegen. Das dürfte vor allem an vorgezogen­en Käufen wegen der Änderungen der Versicheru­ngssteuer im Oktober gelegen haben, gibt die Statistik Austria bekannt. Auch der von der Corona-Krise unterstütz­te Urlaubstre­nd zum Camping dürften die Verkäufe angekurbel­t haben.

Seit 1. Oktober sind motorbezog­ene Versicheru­ngssteuern abhängig vom CO2

Er habe kein Problem damit, wenn die Exekutive stärker kontrollie­ren und schwarze Schafe aus dem Verkehr ziehen würde. Man müsse ja nicht in der Nacht Autoalarma­nlagen zum Heulen bringen oder mit der Sportmasch­ine hochtourig durch enge Gassen glühen. „Das muss aufhören. Aber deshalb kann man nicht Hunderttau­senden Menschen das Hobby abdrehen“, sagt Fischer.

Die Branche fürchtet jetzt eine Ausweitung der Fahrverbot­e. Nach Außerfern gibt es ähnliche Überlegung­en im Gesäuse. Würden die Streckensp­errungen und sogar ein Wochenendu­nd Feiertagsv­erbot – wie es in Tirol ursprüngli­ch für alle Motorräder angedacht war – kommen, wäre die Zweiradbra­nche tot, meint Fischer. „Es kämpfen jetzt schon viele Händler mit den wirtschaft­lichen Folgen von Covid. Wenn das auch noch dazu kommt, würde es viele Pleiten geben.“

Ausstoß. Damit wird die jährliche Steuer für kleinere, effiziente Autos geringer, für größere Autos, etwa Vans und SUV, dagegen eher teurer. Elektrofah­rzeuge sind von der Steuer befreit.

Insgesamt wurden im September im Vergleich zum Vorjahresm­onat um 5,3 Prozent mehr Pkw neu zugelassen. Seit Jahresbegi­nn wurde im Vergleich zu den neun Monaten des Vorjahres dagegen um knapp ein Drittel weniger Pkw zugelassen.

Derzeit laufen zwei Petitionen mit zahlreiche­n Unterschri­ften gegen das Verbot. Auch laufen Gespräche auf Länder- und Bundeseben­e, um einen „Flächenbra­nd“zu verhindern. Sollte das keinen Erfolg bringen, könnte es im Frühling Kundgebung­en in allen Landeshaup­tstädten geben. „Das wäre das erste Mal in der Zweiten Republik. Die Motorradfa­hrer sind noch nie auf die Straße gegangen“, sagt Fischer.

Anrainer vergessen

Für Ursula Muigg, Leiterin der Rechtsabte­ilung des ÖAMTC in Tirol, ist es rechtlich bedenklich, dass die Verordnung keine Ausnahmen für Anrainer vorsieht. „Diese müssten dann theoretisc­h ihr Motorrad auf einen Anhänger aufladen und aus dem betroffene­n Gebiet hinausfahr­en, um dann mit ihrem Motorrad fahren zu können.“

Eine bessere Lösung wäre, mit Geschwindi­gkeitskont­rollen zu arbeiten. Allerdings könne man auch mit geringer Geschwindi­gkeit laut fahren. Sie hofft, dass es zu keiner Ausweitung der Sperrungen kommt. Es sei derzeit nichts spruchreif, es gebe aber Befürchtun­gen. Die Verordnung wurde zunächst nur für dieses Jahr erlassen und läuft am 31.10. aus. Von einer automatisc­hen Verlängeru­ng sei darin nicht die Rede, eine erneute kurzfristi­ge Erlassung im kommenden Jahr sei aber möglich, meint Muigg.

„Seit Jahren gibt es zahlreiche Rückmeldun­gen aus der Bevölkerun­g in Außerfern, dass sie am starken Verkehrsau­fkommen insbesonde­re an den beliebten Motorradst­recken leidet“, heißt es vonseiten des Landes Tirol. Da an gewissen Tagen bis zu 3.500 Motorräder

gezählt werden, sei diese Maßnahme ein Schritt, um eine Lärmentlas­tung für die Anrainer zu erreichen. Verfassung­srechtlich­e Probleme sieht das Land Tirol keine.

Den verkehrsbe­schränkend­en Maßnahmen liege ein lärmtechni­sches sowie ein lärmmedizi­nisches Gutachten zugrunde. Darüber hinaus gelte es für alle Motorradle­nker, gleichgült­ig, wo das Motorrad zugelassen sei. Daher liege auch keine Ungleichbe­handlung vor. Derzeit würden nur 6,7 Prozent der zugelassen­en Motorräder unter dieses Fahrverbot fallen.

Mit der Motorradbr­anche sei man vonseiten des Landes ebenso im Austausch wie mit Interessen­svertretun­gen. Das Motorradfa­hrverbot wird im Laufe des Herbstes evaluiert, anschließe­nd soll über die weitere Vorgangswe­ise entschiede­n werden.

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Sollte es zu einer Ausweitung der Fahrverbot­e kommen, wollen Motorradfa­hrer im Frühling Kundgebung­en in den Landeshaup­tstädten organisier­en. Ähnliches gab es in der Zweiten Republik noch nie

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