Kurier (Samstag)

Ausgebrems­t durch Corona: Das Rennen um den CDU-Vorsitz geht weiter

Drei Männer und ein Posten: In Berlin werben heute die Bewerber um den CDU-Vorsitz für sich – wie steht es um ihre Chancen?

- SANDRA LUMETSBERG­ER, BERLIN

Deutschlan­d. Die große Bühne ist es nicht: Wenn die Kandidaten für den CDU-Vorsitz – Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen am Samstag aufeinande­rtreffen, dann nur virtuell – aufgenomme­n von einer Kamera in den Räumen der Parteinach­wuchsorgan­isation. Der durch Corona verschoben­e Bewerb soll in zwei Monaten am Parteitag entschiede­n werden.

Fast hätte man vergessen können, dass die CDU eine neue Spitze braucht. So viele Pannen Noch-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r anfangs passiert sind, so wenig scheint ihr jetzt zu misslingen. Geräuschlo­s zieht sie im Hintergrun­d die Fäden. Unaufgereg­t soll auch die Suche nach ihrem Nachfolger werden. Wie sehr so ein Rennen die Partei spalten kann, hat sie nach ihrem knappen Sieg gegen Merz 2018 erfahren.

Der frühere Fraktionsc­hef der Union (2000-2002), der zuletzt als Anwalt und Lobbyist arbeitete und als MerkelAnti­pode einige Fans hat, will es erneut wissen. Seine Strategie: Modernisie­rung bei Wirtschaft und Umwelt und Rückbesinn­ung bei Werten, wobei er auch mal Überzeugun­gen ausspricht, die in der öffentlich­en Wahrnehmun­g weniger gut ankommen. Wie jüngst bei einem Interview, wo er Homosexual­ität und Pädophilie in einem Atemzug nannte. Zwar versuchte er sich danach zu erklären, wirklich beigesprun­gen ist ihm aber niemand. In Umfragen führt er zwar, im Wahlkampf würde er aber viel Angriffsfl­äche bieten, dessen ist man sich in der CDU bewusst.

Auch was man von einem Armin Laschet hat: Der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident spielt die Karte des Regierungs­erfahrenen, der für Kontinuitä­t und Mitte steht. In der Pandemie-Hochphase hatte er mit Kritik an seinem Management zu kämpfen. Seit seine CDU bei der Kommunalwa­hl vorne landete, fühlt er sich im Aufwind.

Der dritte Mann, Norbert Röttgen, Ex-Umweltmini­ster, versuchte sich im Fall um den vergiftete­n russischen Opposition­ellen Alexej Nawalny als außenpolit­ischer Sprecher zu profiliere­n. Seine Chancen gelten als gering.

Noch ein vierter Mann?

Politologi­n Ursula Münch sieht in allen Kandidaten Vorteile, aber keinen wirklich starken. Ein Alternativ-Bewerber, der sich als Gesundheit­sminister hervortat, aber nicht zur Wahl steht, ist aus ihrer Sicht Jens Spahn (40). Er unterstütz­t Laschets Kandidatur – dieser will sie durchziehe­n, sagen Kenner. Auffällig sind aber die CDUAbgeord­neten, die via Spiegel für Spahn warben. Einige in der Partei sehnen sich nach einem jüngeren Kandidaten. andere beklagen wiederum, dass sich keine Frau bewirbt.

Dem nicht genug, treibt die CDU auch die Frage des Kanzlerkan­didaten um. Und hier führt in Umfragen einer, der eigentlich nicht antritt: Bayerns Ministerpr­äsident und Chef der Schwesterp­artei CSU Markus Söder, der als strenger Landesvate­r in der Pandemie Punkte sammelte. „Abseits von Corona besetzt er aber kein bundespoli­tisches Thema“, sagt Münch, die es interessan­t findet, dass Söder daher öffentlich in Erwägung gezogen wird. Er selbst spielt das Spiel mit, kokettiert mit Fragen nach seinen Ambitionen. Formell hat das Wort letztlich die CDU, der CSU wird Mitsprache eingeräumt. Ändern könnte sich das vielleicht dann, wenn man merkt, dass der neue CDU-Chef nicht von der Startbank kommt, der gemeinsame Wahlerfolg gefährdet ist.

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Norbert Röttgen (55), Friedrich Merz (64) und Armin Laschet (59) wollen CDUChef werden

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