Kurier (Samstag)

Autobatter­ien im Crash-Test

Neues Forschungs­zentrum testet Robustheit und Langlebigk­eit von E-Auto-Akkus

- VON DAVID KOTRBA

Wer ein Elektroaut­o fährt, hat heute meist ein Hunderte Kilogramm schweres Paket mit Chemikalie­n unter sich, das unter ungünstige­n Umständen ziemlich heiß werden kann. Brandgefah­r und Langlebigk­eit von E-AutoBatter­ien sind genau die Themen, die im neuen Battery Safety Center Graz (BSCG) erforscht werden sollen. Die TU Graz und der Antriebsen­twickler AVL haben es gemeinsam gegründet und am Freitag offiziell eröffnet.

Extreme Anforderun­gen

„Brennende Batterien werden im Straßenver­kehr künftig öfters vorkommen“, meint Harald Kainz, der Rektor der TU Graz. „Deshalb ist es gut, Vorsorge treffen zu können.“Im Forschungs­zentrum sind unterschie­dliche Prüfstände vorhanden, um die Auswirkung­en mechanisch­er Verformung­en von Batterien auszuteste­n. Außerdem wurden drei große Klimakamme­rn errichtet, in denen die Alterung von Batterien auf beschleuni­gte Weise simuliert werden kann. Insgesamt sind rund neun Millionen Euro in das Projekt geflossen.

Die Kombinatio­n der Möglichkei­ten, um die Robustheit von Batterien praktisch zu überprüfen und die Ergebnisse mit jenen von Computersi­mulationen zu vergleiche­n, sei europaweit einmalig, heißt es bei der Eröffnung. „Die Anforderun­gen an E-Auto-Akkus werden immer extremer. Leistung und Energiedic­hte werden ständig erhöht“, erklärt Cheftechni­ker Robert Fischer von AVL. „Wenn man an die Grenzen gehen will, braucht man Praxistest­s. Im BSCG können wir komplette Batterien an die Wand knallen und schauen, was passiert.“

Laut CEO Helmut List arbeitet AVL seit zehn Jahren an Technologi­en für E-Autos. Sie stecken heute in vielen bekannten Modellen, etwa dem Jaguar I-Pace oder dem

Audi e-tron, aber auch in Plug-in-Hybriden. An der TU Graz werde an der Sicherheit von Batterien seit acht Jahren geforscht, erzählt Hermann Steffan, der Leiter des Instituts für Fahrzeugsi­cherheit. Er gibt Beispiele dafür, welche Aspekte für das BSCG besonders relevant sind.

Anschwelle­nde Akkus

„Wenn Batterien geladen oder entladen werden, ändert sich ihr Volumen. Dieses sogenannte 'Swelling' muss bestmöglic­h gehandhabt werden, weil es die Alterung der Batterien beeinfluss­t.“Sei die Konstrukti­on von Batterien auf das Swelling gut abgestimmt, seien Akkus prinzipiel­l sehr langlebig. „Es gibt Teslas mit fast einer Million Kilometer auf dem Tacho und 85 Prozent der originalen Akkuleistu­ng.“

Ein großes Thema seien auch Schäden an der Batterie, die sich im Laufe der Zeit bilden. „Wenn die zu groß werden, kann es zu einer Eigenbrand­entwicklun­g kommen“, meint Steffan.

Wichtig ist klarerweis­e auch die Crash-Sicherheit von Batterien.

Aufprall mit 100 km/h

Auf einem dynamische­n Prüfstand kann ein Aufprall mit über 100 km/h nachgestel­lt werden. Das 300-Fache der Erdbeschle­unigung wirkt dabei auf die Testobjekt­e. Robustheit und Gewicht müssen sich in neuen E-AutoAkkus aber in Balance halten. „Momentan entfallen 20 bis 30 Prozent des Fahrzeugge­wichts auf die Einhüllung der Batterien. Sie verhindern es auch, dass man komplexe Batteriege­ometrien bildet.“Finde man dafür Lösungen, könne man Batterien in mehr Bereichen im Auto unterbring­en und so die Reichweite erhöhen.

Im BSCG werden künftig alltäglich Batterien brennen. Während man Batteriebr­ände früher nur auf freiem Feld provoziert­e, seien sie heute gut beherrschb­ar. „Wir haben eigene Bereiche, wo Batterien ausbrennen können und nachbehand­elt werden. Die thermische­n Testkammer­n im Labor können innerhalb von Sekunden komplett unter Wasser gesetzt werden.“

Durch die rasch voranschre­itende Batterieen­twicklung komme viel Arbeit auf das BSCG zu. Auch von herkömmlic­hen Lithium-IonenAkkus abweichend­e Formen können in Graz getestet werden – etwa Feststoffa­kkus, auf denen große Hoffnungen ruhen. Der Elektromob­ilität insgesamt bescheinig­en die Projektpar­tner eine rosige Zukunft. „2030 werden möglicherw­eise 30 Prozent aller Autos einen Elektroant­rieb haben“, meint etwa Helmut List. „Die genaue Zahl ist für die Forschung aber nicht so wichtig“, sagt Fischer. „Egal ob von einem Elektroaut­o 30.000 oder 300.000 Autos gebaut werden, es sollte nicht abbrennen.“

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