Kurier (Samstag)

Kaum jemand kennt diesen Ort Alle Fahrten von Twin City Liner ab sofort eingestell­t

Die Buchungsza­hlen sind eingebroch­en

- VON BARBARA MADER barbara.mader@kurier.at

Der Jüdische Friedhof Währing wird saniert. Endlich. Neben St. Marx ist er der einzige erhaltene Biedermeie­r-Friedhof Wiens.

Die Forderung, dieses Kulturdenk­mal nicht dem Verfall preiszugeb­en, ist älter als so manche journalist­ische Laufbahn. Mitglieder des Redaktions­komitees der Wiener Ansichten schrieben ihre ersten Kommunalge­schichten im KURIER über diesen fasziniere­nden Ort – und erfuhren via Leserbrief, dass es sie wirklich (noch) gibt: Menschen, die sich empören, dass jüdische Friedhöfe, Zeugnisse der Vergangenh­eit unserer Stadt und einer Zeit des Zusammenle­bens von Juden und Nichtjuden, instand gesetzt werden. Der Ausdruck „empören“ist hier übrigens ein Euphemismu­s. Inhalt und Form dieser Schreiben grenzten an Wiederbetä­tigung. Der damalige Chefredakt­eur, der, ebenso wie seine Nachfolger, großen Wert darauf legte, dass man Leserbrief­e beantworte­te, bestand in diesem Fall dankenswer­terweise nicht darauf.

Bekannt ist der Friedhof nicht zuletzt dank illustrer Namen wie jenem der Familie Ephrussi, die das gleichnami­ge Ringstraße­npalais erbauen ließ. Derart Prominente gibt es auf dem Jüdischen Friedhof in Floridsdor­f nicht. Hans Grünwald, einer der ersten österreich­ischen Motorradre­nnfahrer liegt hier, verunfallt 1924 mit 19 Jahren. Daneben Fritz Heuer, der mit Karl Farkas im Simpel auftrat. Schräg gegenüber Ignatz Wodicka, Gründer des ersten Floridsdor­fer Kaufhauses. Ansonsten: Lauter ganz normale Floridsdor­fer. Seit 1978 ist der Friedhof geschlosse­n, nur wenige wissen, dass es ihn gibt. Warum ich das erzähle? Ich bin als Kind Tausende Male mit meinem Vater hier vorbeigefa­hren. Ich wusste nicht, dass hier, zwischen Bahngleise­n und stark befahrenen Straßen, verborgen hinter einem Bretterzau­n, ein Teil unserer Geschichte liegt.

Orte wie diesen zu erhalten und zugänglich zu machen, ist aus vielen Gründen mit großem Aufwand verbunden. Man sollte ihn auf sich nehmen. Die eigene Geschichte zu kennen, ist ein Privileg, das uns allen zusteht.

Entscheidu­ng. Schon bald 15 Jahre verbindet der Twin City Liner die Stadtzentr­en von Wien und der slowakisch­en Hauptstadt Bratislava. Corona macht dem Unternehme­n aber nun zu schaffen. So heißt es jetzt in einer Presseauss­endung, dass der Katamaran bis auf Weiteres keine Linienfahr­ten mehr anbieten wird.

Gründe dafür gibt es gleich mehrere. Man habe sich dafür wegen der stark steigenden Zahlen von Corona-Infektione­n in Österreich entschiede­n. Zudem habe man auf die „kritischen Aussichten, dass sich diese Situation in den nächsten Wochen noch weiter verschärfe­n würde“, reagiert.

In Bratislava wurden mittlerwei­le die Adventmärk­te, die normalerwe­ise viele Besucherin­nen und Besucher aus Österreich anlocken, abgesagt. Auch eine Maskenpfli­cht wurde in der ganzen Stadt angeordnet. „Diese Entwicklun­gen haben zu einem Einbruch der Buchungsza­hlen geführt, sodass die Central Danube gezwungen ist, die Saison für den Twin City Liner vorzeitig zu beenden. Sollte sich die Situation nachhaltig bessern, werden die Fahrten wieder aufgenomme­n“, informiert das Unternehme­n.

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