Kurier (Samstag)

Privatstif­tungen für den Klimaschut­z

Gemeinnütz­ige Privatstif­tungen. Mit „Blühendes Österreich“ist die Rewe-Gruppe bislang der einzig große Akteur

- VON BERNHARD GAUL

2015 wurde auch in Österreich ein Modell für gemeinnütz­ige Privatstif­tungen geschaffen. Mit „Blühendes Österreich“hat die Rewe-Gruppe die erste und bislang größte private Initiative für Biodiversi­tät und nachhaltig­e Landwirtsc­haft gesetzt. Im Gespräch mit Umweltmini­sterin Leonore Gewessler erklärt deren Geschäftsf­ührer Ronald Würflinger, was fehlt.

KURIER: Privatstif­tungen sind eher aus dem anglikanis­chen Raum bekannt. Warum ist das jetzt in Österreich überhaupt ein Thema?

Ronald Würflinger: In der Monarchie war Österreich übrigens schon einmal Vorreiter beim gemeinnütz­igen Engagement. Leider sind im Nationalso­zialismus zahlreiche Stifterinn­en und Stifter vertrieben oder ermordet worden. Weil dann das Kapital gefehlt hat, sind solche Projekte kaum verfolgt worden. Erst durch den damalige Finanzstaa­tssekretär Mahrer wurden mit dem Gemeinnütz­igkeitspak­et 2015 Stiftungen wieder in den Vordergrun­d gerückt und dafür rechtliche und steuerlich­e Akzente gesetzt. Die Rewe-Stiftung ist ein Kind dieses Gemeinnütz­igkeitspak­ets. Leonore Gewessler: Was Stiftungen gut machen, ist einerseits, dass das Engagement von Unternehme­n sehr zielgerich­tet gebündelt wird. Anderersei­ts ist gut, dass dieses Engagement eine langfristi­ge Perspektiv­e hat.

Welches Interesse hatten Sie, so eine Stiftung für den Umweltbere­ich zu machen? Würflinger: Nachhaltig­keit, Biodiversi­tät, Umweltschu­tz sind alles wesentlich­e Anker in der Strategie der Rewe-Gruppe. Natürlich wollen wir damit auch ein Zeichen setzen, dass uns Biodiversi­tät und Nachhaltig­keit wichtige Anliegen sind.

Ohne Biene keine Ernte, ohne Ernte nichts zu verkaufen? Würflinger: Das Bienenthem­a war da sehr förderlich, dass Bienen wichtig sind für die landwirtsc­haftliche Produktion. Geholfen hat aber auch die Klima-Diskussion. Gewessler: Wir müssen von der Vorstellun­g wegkommen, dass Nachhaltig­keit nur ein kurzfristi­ger Trend ist. Das ist kein Mascherl, das sich Unternehme­n umhängen. Ein klimafreun­dliches, umweltfreu­ndliches, biodiversi­tätsfreund­liches Unternehme­nsmodell ist aus meiner Sicht zentrale Anforderun­g für die Zukunft, und außerdem die einzige Möglichkei­t, sich auch zukunftsfi­t und zukunftssi­cher aufzustell­en.

Aber besteht nicht die Gefahr, dass das nur ein Marketing-Mäntelchen für die Betriebe ist?

Würflinger: Die Frage ist berechtigt. Bei unserer Stiftung sehe ich uns als Vorbild, wenn wir Umwelt-NGO wie „Birdlife“oder den ehemaligen Geschäftsf­ührer von „Global 2000“im Vorstand haben. Wesentlich ist, dass wir am Kerngeschä­ft arbeiten, wir versuchen, nachhaltig­e Partner zu bekommen. Gewessler: Unsere großen Krisen sind die Biodiversi­tätskrise und die Klimakrise. Da geht es beim Klima um die Frage, ob wir auch in 50 Jahren noch ein gutes Leben haben können, und bei der Biodiversi­tät geht es um unsere Lebensvers­icherung. Deshalb müssen wir alle Kräfte bündeln, Zivilgesel­lschaft, Politik, Wirtschaft, Industrie und Forschung. Und für diese Krisen müssen wir auch privates Kapital mobilisier­en. Etwa mit der „Green Finance Agenda“. Wir können dazu beitragen, dass mehr privates Kapital mobilisier­t wird, denn nur mit öffentlich­en Investitio­nen wird das nicht gehen. Würflinger: Traurig finde ich nur, dass unsere Privatstif­tung mit 700.000 bis 800.000 Euro pro Jahr eine der größten Akteure im Land ist. Das heften wir uns ja nicht auf die Fahnen, aber man sieht, dass da ein großer Bedarf an mehr Akteuren besteht. Wir wollen nicht alleine bleiben.

Wie ernst nimmt eigentlich die Wirtschaft die UN-Nachhaltig­keitsziele für 2030, wo es ja auch um Nachhaltig­keit, Natur und Klimaschut­z geht? Würflinger: Wir versuchen das zu integriere­n. Aber auf Unternehme­nsseite müssen die Nachhaltig­keistziele und Klimaschut­zziele, besonders auf Ebene der Interessen­svertretun­gen, grundsätzl­ich strategisc­her verankert werden. Da ist noch viel Luft nach oben. Gewessler: Gerade bei den Umwelttech­nologien sind wir sehr gut aufgestell­t in Österreich. Aber es braucht auch eine Verbindlic­hkeit der Ziele. Die EU-Kommission sagt, wir müssen das machen, weil der „Green Deal“ein Weg aus der Krise ist, um die EU zukunftsfä­hig und widerstand­sfähig zu machen. Der Green Deal schafft Tausende Jobs – und hilft der Umwelt.

 ??  ?? Klimaminis­terin Leonore Gewessler, „Blühendes Österreich“-Geschäftsf­ührer Ronald Würflinger: „Nur mit öffentlich­en Investitio­nen wird das nicht gehen“
Klimaminis­terin Leonore Gewessler, „Blühendes Österreich“-Geschäftsf­ührer Ronald Würflinger: „Nur mit öffentlich­en Investitio­nen wird das nicht gehen“

Newspapers in German

Newspapers from Austria