Fortsetzung für „Vienna Blood“
Juergen Maurer ermittelt in neuen Fällen der Krimi-Reihe
Ihr Lebenslauf liest sich wie eine Hommage an die moderne Powerfrau: Hilary Bevan Jones, Managing Director & Producer, Endor Productions. Sie hat zahlreiche bahnbrechende und preisgekrönte Dramen produziert, wie etwa den BBC/HBO-Film „The Girl in the Café“mit Bill Nighy, der drei Emmys gewann. 2006 wurde Jones Vorsitzende der britischen Filmakademie, die den sogenannten „britischen Oscar“, den BAFTA-Award vergibt. Sie ist damit die erste weibliche Vorsitzende in der mehr als 60jährigen Geschichte der britischen Filmakademie.
Und sie ist Co-Produzentin der in Wien gedrehten Krimi-Reihe „Vienna Blood“, die zur Zeit der Jahrhundertwende spielt. Während die erste Staffel in Großbritannien, den USA und zumindest die erste Episode auch schon in Österreich gezeigt wurde, ist nun die gesamte dreiteilige erste Staffel im ORF zu sehen (siehe Infobox rechts).
Drei weitere Folgen werden gerade produziert, erneut nach Drehbüchern von „Sherlock“-Autor Steve Thompson. Robert Dornhelm ist als Regisseur im Einsatz. Der britische Schauspieler Matthew Beard spielt die Titelrolle des Max Liebermann, ein junger Arzt und Psychoanalytiker. Sein Partner, der Kriminalbeamte Oskar Rheinhardt, wird vom Publikumsliebling Juergen Maurer verkörpert.
KURIER: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie als britische Produzentin eine KrimiSerie wie „Vienna Blood“produzieren, die zur Gänze in Wien spielt?
Hilary Bevan Jones: Frank Tallis, der die erfolgreiche KrimiReihe geschrieben hat, ist zwar Engländer, aber uns war von Anfang an klar, dass alle Folgen in Wien gedreht werden müssen. Wir wollten, dass die Schauplätze authentisch wirken. Die einzige Sorge
war, dass wir die richtigen Partner für dieses schöne Projekt finden. Wir haben uns dann in Wien mit den Vertretern der MR-Film und des ORF getroffen und gleich gemerkt, dass wir miteinander können. Etwas später ist auch das ZDF dazugekommen. Oft kommt es ja bei Koproduktionen vor, dass jeder Partner das Projekt in eine andere Richtung entwickeln möchte, aber bei „Vienna Blood“haben alle Beteiligten nur konstruktive Vorschläge beigesteuert.
Nicht erst seit der #MeTooBewegung wird diskutiert, was man tun kann, damit Frauen in der männlich dominierten Filmbranche gleichberechtigt Karriere machen können. Sie sind seit Jahren erfolgreiche Produzentin. Wie haben Sie das geschafft?
Ich habe ein PsychologieStudium abgeschlossen, wollte aber immer schon etwas mit Film, Fernsehen oder
Theater zu tun haben. Ich habe viele Klinken geputzt, aber immer die Antwort bekommen: Sie sind überqualifiziert und unter-erfahren. Um Geld zu verdienen, habe ich zuerst einmal Psychologie unterrichtet. Da ich mir aber nicht vorstellen konnte, das bis zu meiner Pensionierung zu tun, habe ich nach vier Jahren den Lehrberuf hingeschmissen und mich noch einmal in der Film- und Fernsehbranche beworben. Zum Entsetzen meiner Eltern. Von der BBC wurde ich dann für kleinere Botendienste und zum Kaffeeholen engagiert. Als ich in die Studios kam, habe ich mir die vielen Scheinwerfer, die Kameras und die vielen Menschen eingeprägt, die bei Dreharbeiten herumwuseln. Auf diese Weise habe ich von der Pike auf gelernt, worauf es ankommt und bin dann Stufe für Stufe die Karriereleiter höhergeklettert. Ich wurde Aufnahmeleiterin und schließlich Produzentin. In diesen Lehrjahren habe ich auch meine Kinder bekommen.
Hat Ihnen das Psychologiestudium dabei geholfen, sich bei Ihren männlichen Vorgesetzten durchzusetzen?
Wahrscheinlich unterbewusst (lacht). Mein Vater war Psychiater und daher liegt mir das im Blut. Im Laufe meiner Karriere habe ich immer wieder Erfahrungen mit überheblichen und sexistischen Übergriffen von Männern gemacht. Aber die kreative Arbeit hat mir so großen Spaß gemacht, dass ich mich davon nicht beirren ließ.
War die Tatsache, dass Ihr Vater Psychiater war und Sie selbst Psychologie studierten auch der Grund dafür, dass Sie die Liebermann-Romane von Frank Tallis produzieren wollten?
Ja, das war tatsächlich ein wesentlicher Grund für mich. Frank Tallis ist ja auch ein praktizierender Psychiater und schon beim ersten Treffen habe ich ihm gesagt, wie begeistert ich von seinem historischen, psychologischen und kriminologischen Wissen bin. Die Beschreibung seiner Protagonisten Max Liebermann und Oskar Reinhardt ist so clever und detailreich, dass man davon begeistert sein muss.
Es sind gerade drei weitere Folgen von „Vienna Blood“in Produktion. War das von Anfang an geplant, oder hat der Erfolg der ersten drei Teile in Großbritannien und in den USA dazu beigetragen?
Wenn man zwei so tolle Hauptfiguren hat und dazu noch so schöne Schauplätze wie in Wien, dann ist es klar, dass man mehr Folgen davon haben möchte als nur die bisherigen drei. Und ich könnte mir vorstellen, die Serie noch weiter fortzusetzen. Am Beginn eines neuen Serien-Projekts ist es immer schwierig, die koproduzierenden TV-Anstalten von mehr als drei Folgen zu überzeugen. Erst wenn etwas so gut funktioniert wie „Vienna Blood“, dann wird es leichter, sie für mehrere Fortsetzungen zu gewinnen. Liebermann wird also sicher noch mehrere Kriminalfälle zu lösen haben.
Glauben Sie, dass Sie nach dem Brexit überhaupt noch mit Österreich und anderen europäischen Ländern koproduzieren können?
Ich bin passionierte BrexitGegnerin und habe bisher an jedem Protestmarsch dagegen teilgenommen. Ich halte das für eine schreckliche Entwicklung und niemand kann genau sagen, wie das Ganze ausgeht. Ich werde mich – wie alle, die gegen den Brexit sind – auch nach einem Austritt Großbritanniens weiterhin als Europäerin fühlen. Und ich möchte auch weiterhin Filme mit europäischen Ländern koproduzieren. Ich jedenfalls hoffe sehr, dass wir da Wege finden.