Kurier (Samstag)

Bücher Mit Preiselbee­ren ist Rache nicht mehr süß

Zum fünften Mal lauert der Irrsinn hinter jeder Ecke

- PETER PISA

Bei den Büchern Jonas Jonassons kommt es darauf an, dass etwas geschieht, das sonst nicht geschieht.

Ein Hundertjäh­riger bestiehlt die Mafia, während die Mafia auf dem Klo sitzt.

Eine Latrinento­nnenträger­in aus Soweto bestellt Gazellenfl­eisch und bekommt stattdesse­n eine Atombombe geliefert.

Der nun schon Hundertein­jährige nimmt Nordkorea vier Kilo angereiche­rtes Uran weg und übergibt es Angela Merkel.

Bei den Löwen

Nur der Mörder Anders, der war bloß ein Mal sehr lustig: Als er in der eigenen Kirche den Boletus edulis predigte. Das war das einzige lateinisch­e Wort, das er kannte. Steinpilz.

Und wie gut meint es Jonasson diesmal mit uns? „Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte“ist pures Vergnügen. Das Buch sticht nicht und beißt nicht, doch soll uns das egal sein. Jonasson

versucht Tragisches fröhlich zu servieren; wer mag, erkennt sofort das Thema Migration, und die Freiheit der Kunst ist ebenfalls verpackt worden.

Aber vor allem lauert der Irrsinn hinter jeder Ecke.

Da kommt ein Massai in Sandalen im winterlich­en Stockholm entgegenge­schneit: „Ich bin Medizinman­n von Beruf. Wenn Sie Probleme mit zu häufigen Schwangers­chaften haben, sind Sie bei mir richtig!“Man wird sich melden. Es geht um Rache:

Ein ganz schlechter Mensch will nach oben, in den Kunsthande­l steigt er ein, damit er Landschaft­sbilder Marke Hitler unter die Schweden bringen kann.

Im Weg steht: Eine schwarze Prostituie­rte hat einen Sohn von ihm, sie hätt’s ihm bestimmt nicht gesagt, aber sie stirbt und muss ihm Kevin anvertraue­n. Der ganz schlechte Mensch entledigt sich, indem er nach Kenia fliegt und Kevin vor hungrigen Löwen aussetzt.

Medizinman­n Ole Mbatian der Jüngere (der mit der Schwangers­chaftshilf­e) rettet ihn voll Freude, nun einen Sohn zu haben, und lässt ihn zum geprüften Massaikrie­ger ausbilden.

Aber bevor es zur Beschneidu­ng kommt, kehrt Kevin lieber heim nach Schweden. Nun will er sich am Vater rächen. Der Medizinman­n kommt nach. Seinen Speer musste er am Flughafen leider abgeben.

Nun rückt die südafrikan­ische Malerin Irma Stern ins Zentrum. (Bitte fragen Sie nicht, wie. Die Antwort würde die Seite füllen.) Zwei Gemälde von ihr sind Millionen wert. Der Medizinman­n verkauft sie für 2 Tuben Brotaufstr­ich – Inhaltssto­ffe: Dorscheier und Kartoffelf­locken. So gut schmeckt ihm das.

Es geht also auch um den Wert des Geldes.

Als mit einer Dose Mais demonstrie­rt wurde, wie weit ein Massai werfen und treffen kann, löste es BravoRufe aus. Mit einem Glas Preiselbee­ren misslingt der Wurf. Damit ist Rache nicht mehr so süß. Auch mit einer solchen Wendung löst der alte Marketingh­ase Jonas Jonasson Emotionen aus.

Danke, das war jetzt genau das richtige Buch.

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Jonas Jonasson sorgt für die Wiederentd­eckung der Expression­istin Irma Stern (њ 1966)
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KURIER-Wertung: āāāāά
Jonas Jonasson: „Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte“Übersetzt von Astrid Arz. C. Bertelsman­n. 400 Seiten. 22,70 Euro KURIER-Wertung: āāāāά
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