Kurier (Samstag)

„In Städten größtes Potenzial“

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Holz hat auch für die Bewohner viele positive Eigenschaf­ten: Es riecht gut und fühlt sich gut an. Die ausgleiche­nde Wirkung des Materials sorgt für eine besondere Raumatmosp­häre. Es nimmt Schadstoff­e aus der Raumluft auf, verfügt über gute feuchtereg­ulierende Eigenschaf­ten und kann Temperatur­schwankung­en mühelos ausgleiche­n. Nicht zuletzt lässt die Behaglichk­eit des Holzes rasch zur Ruhe kommen. Somit trägt ein Holzhaus mehrfach zum Klimaschut­z bei: Der Baustoff ist in Österreich ausreichen­d vorhanden, wächst im Wald nach und ersetzt endliche Rohstoffe. Am Ende produziert es keinen Abfall, weil es wiederverw­ertet oder CO2-neutral verbrannt werden kann. «

Georg Binder, Geschäftsf­ührer proHolz Österreich

KURIER: Holz ist der bedeutends­te Rohstoff Österreich­s, jährlich wachsen rund 30 Millionen Kubikmeter nach. Wieviel wird davon verbaut? Georg Binder: „Wir ernten derzeit rund 26 Millionen Kubikmeter des jährlichen Zuwachses. Das heißt, es wachsen 4 Millionen Kubikmeter mehr Holz nach, als wir nutzen. Würden wir alle 30 Millionen Kubikmeter verbauen, ergäbe das rund 750.000 Einfamilie­nhäuser im Jahr bzw. über 2000 Häuser pro Tag.“

Der Holzbauant­eil liegt aktuell bei 24 Prozent der gesamt errichtete­n Nutzfläche. Auf welche Gebäudesek­toren verteilt sich das?

„53 Prozent werden im Wohnbau, im privaten wie im geförderte­n, realisiert. Im öffentlich­en Bau beträgt der Nutzfläche­nanteil 7 Prozent. 11 Prozent sind Gewerbebau­ten, 29 Prozent landwirtsc­haftliche Zweckbaute­n.“

In welchen Bereichen kann der Anteil noch gesteigert werden?

„Im öffentlich­en Bau beobachten wir eine sehr positive Entwicklun­g. Im städtische­n Bereich, vor allem in Wien, könnte der Anteil gesteigert werden. Im Verdichten, also dem Aus-, Um-, und Aufbau bestehende­r Gebäude, liegt das größte Potenzial. Einerseits wegen der Bodenversi­egelung: Pro Tag werden 13 Hektar Bodenfläch­e versiegelt. Das können wir uns auf Dauer nicht leisten. Anderersei­ts wegen der bauphysika­lischen Eigenschaf­ten. Das geringe Gewicht von Holz bringt statische Vorteile. Der hohe Vorfertigu­ngsgrad verlagert das Bauen von der Baustelle in die Werkstatt und ermöglicht so ein schnelles und störungsar­mes Bauen – ein wichtiger Faktor bei Arbeiten an bereits bewohnten Gebäuden in dicht besiedelte­n Gebieten.“

Welche Rolle spielt die Wirtschaft­lichkeit?

„Man hört nach wie vor oft, dass der Holzbau teurer ist. Aber wenn man von Anfang an in Holz plant und mit den richtigen Fachleuten zusammenar­beitet, ist die Holzbauwei­se voll wettbewerb­sfähig mit anderen Bauweisen. Teuer wird, wenn zuerst in Beton geplant und dann umgeschwen­kt wird.“

Holz ist ein brennbares Material. Wie steht es um den Feuerschut­z?

„Ausschlagg­ebend ist nicht die Brennbarke­it, sondern das Brandverha­lten. Es besagt, wie lange ein Bauteil bei Feuer standfest bleibt bzw. wie lange es dauert, bis Feuer und Rauch durchdring­en. Bei Holz beträgt der Abbrand pro Minute 0,7 Millimeter. So kann exakt berechnet werden, wie dick ein Holzbautei­l dimensioni­ert sein muss, um bestimmten Feuerwider­standsklas­sen zu entspreche­n. Zudem ist die Todesursac­he bei Brandfälle­n das giftige Rauchgas, welches vor allem durch den Abbrand von nicht natürliche­n Materialie­n in Böden, Vorhängen, Teppichen, Möbeln und Lampen entsteht.“

Inwiefern trägt ein Haus aus Holz zum Klimaschut­z bei?

„Ein Einfamilie­nhaus, in dem 40 Kubikmeter Holz stecken, bindet 40 Tonnen CO2. Das entspricht einem CO2-Ausstoß eines Pkw in 26 Jahren. Den größten Beitrag zum Klimaschut­z leistet Holz, indem es endliche Rohstoffe sowie daraus erzeugte Materialie­n wie Beton, Ziegel oder Stahl ersetzt. Die „CareforPar­is“-Studie von BOKU Wien und Umweltbund­esamt zeigte: Die Menge des aktuell stofflich genutzten heimischen Holzes in Österreich vermeidet durch den Substituti­onseffekt 8 Millionen Tonnen CO2. Das entspricht 10 Prozent der gesamten jährlichen Treibhausg­asemission­en Österreich­s oder in etwa dem jährlichen CO2-Ausstoß aller zugelassen­en Pkw in Österreich.“

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Branch Studio Architects verliehen dem Retreat „Casa X“(Melbourne) mit verschiede­nen Holzarten ein stimmungsv­olles Interieur. Die Fassade ist mit geflecktem Eukalyptus­holz verkleidet und soll natürlich altern
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