Kurier (Samstag)

Finnische Formen

Birkenholz, klare Linien und schlichtes Design: Möbelherst­eller Artek ist Sinnbild für finnische Lebens- und Wohnkultur. Zum 85-jährigen Firmenjubi­läum spricht Managing Director Marianne Goebl über Gestaltung­szugänge und das Wiederaufl­eben von alten Stück

- VON JULIA BEIRER

» KURIER: Artek gehört zur finnischen Identität. Als Sie die Leitung 2014 übernommen haben, waren Sie noch nie in Finnland. Ist das nicht ein Widerspruc­h? Marianne Goebl: Das stimmt, ich war zum ersten Mal in Finnland kurz bevor ich die Geschäftsf­ührung bei Artek übernommen habe. Ich interessie­re mich aber seit meiner Jugend für Design und Innenarchi­tektur. Ich war demütig, aber vor allem neugierig als ich begonnen habe. Jeder Finne kennt Artek und hat eine Idee, wie es sein soll. Ich habe mir Zeit genommen, wollte verstehen, wofür Artek steht und wie wir die Marke weiterentw­ickeln können. Meine finnische Unberührth­eit hat den Vorteil, dass ich Dinge schätze und für erwähnensw­ert halte, die gebürtige Finnen als selbstvers­tändlich ansehen.

Der Trend zu finnischem Design hält seit Jahren an – was machen die Finnen so viel besser?

Der Erfolg ist einerseits geschichtl­ichbedingt.Finnlandis­terst1917 unabhängig geworden. Das heißt, das Land hat seine Identität gebildet, als sich moderne Architektu­r und Design entwickelt haben. Man konnte sich bewusst positionie­ren. Anderersei­ts besteht Finnland zu zwei Dritteln aus Wald und hat viele Seen – die Menschen haben ein profundes Wissen über

Der Alvar Aalto-Hocker ist weltweit bekannt. 2019 wurde er vom japanische­n Designer Jo Nagasaka eingefärbt.

Re: Die Accessoire-Kollektion „Secrets of Finland“ die Natur und sehnen sich danach. Da es während der Wintermona­te extrem dunkel ist, verbringen die Finnen viel Zeit zuhause. Das alles muss bei der Wohnraumge­staltung bedacht werden. Es steckt eine tiefe Auseinande­rsetzung mit der Natur und Materialie­n, sowie eigenen Wohnbedürf­nissen in der Einrichtun­g. Finnische Wohnungens­indOrtezum­Lebenundni­cht zur Repräsenta­tion.

Seit einigen Jahren arbeiten Sie auch mit nicht-finnischen Designern wie Konstantin Grcic und den Bouroullec-Brüdern. Warum kam es zu dieser Öffnung?

Artek ist ganz klar finnisch, aber auch dezidiert internatio­nal. Wir wollen diese finnische Verwurzelu­ng hochhalten, aber auch mit Designer arbeiten, die unseren Wertezugan­g teilen, unabhängig vom Reisepass.

Mit dem Programm ,Second Cycle’ kauft und verkauft Artek alte Alvar Aalto Möbel auf. Warum?

Wir haben 2006 begonnen Aalto Möbel zurückzuka­ufen. Am Anfang für Recherchez­wecke, um zu sehen, wie Möbel und Material altern. Heute ist das ein eigener Verkaufszw­eig geworden, beschränkt sich nicht nur auf Aalto Stücke und bietet eine Alternativ­e zu neuen Produkten. Es ist Teil unserer Unternehme­ns- wie Umweltstra­tegie.

Artek feiert heuer 85-jähriges Jubiläum. Was fehlt noch in der ArtekSamml­ung?

Wir haben für den Frühsommer ein neues Produkt für den Außenraum geplant und werden damit die Sammlung erweitern.

Sie sind Wienerin, haben in Paris und in Miami gelebt. Nun leiten Sie eine finnische Möbelmarke – wie sieht es bei Ihnen zuhause aus?

Eklektisch. Ich habe keinen Masterplan. Es gibt viele Objekte, die ich oder die mich gefunden habe. Das sind Stücke von Designern, mit denen ich gearbeitet oder aus Ländern, in denen ich gelebt habe. Aus Wien begleiten mich Roland RainerStüh­le.Ansonstenv­ieleBücher und ein kleines Klavier – das ist auch ein Stück Wien. «

 ??  ?? Zeitgenöss­ische Kunst und Design waren bereits in der Jugend Marianne Goebls (45) große Leidenscha­ften. Goebl hat in Wien und Paris Wirtschaft studiert. Danach arbeitet die gebürtige Wienerin vier Jahre bei Vitra in der Schweiz und leitete drei Jahre die Messe Design Miami in Miami. Seit 2014 hat sie die Position des Managing Director beim finnischen Möbelherst­eller Artek inne.
Zeitgenöss­ische Kunst und Design waren bereits in der Jugend Marianne Goebls (45) große Leidenscha­ften. Goebl hat in Wien und Paris Wirtschaft studiert. Danach arbeitet die gebürtige Wienerin vier Jahre bei Vitra in der Schweiz und leitete drei Jahre die Messe Design Miami in Miami. Seit 2014 hat sie die Position des Managing Director beim finnischen Möbelherst­eller Artek inne.
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Der „Robe Chair“ist eine Zusammenar­beit mit dem französisc­hen Brüderpaar von Ronan und Erwan Bouroullec, die „Kiulu Bank“eine Zusammenar­beit mit Koichi Futatsumat­a

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