Kurier (Samstag)

Kann ein Miteigentü­mer zur Thermenwar­tung gezwungen werden?

Experten beantworte­n Ihre Leserfrage­n. Schicken Sie Ihre Wohn-Fragen bitte an: immo@kurier.at Heute: Sandra Cejpek - Rechtsanwä­ltin

- Www.immobilien­akademie.at

BESCHLUSSV­ERSTOSS Unsere Wohnungsei­gentümerge­meinschaft hat den Innenhof vor Jahren zur autofreien Zone erklärt. Ein neuer Eigentümer hält sich nun nicht an den Beschluss und lässt seine Besucher dort parken. Was können wir dagegen tun?

Mit Ankauf tritt der neue Eigentümer in die Rechte und Pflichten und in die bestehende­n Rechtsverh­ältnisse zum Zeitpunkt des Ankaufs vollinhalt­lich ein und hat diese auch gegen sich gelten zu lassen. Der gültige Beschluss der Miteigentü­mer wirkt sohin auf den neuen Eigentümer und dieser hat sich daran zu halten. Sofern dieser Beschluss nicht im Grundbuch ersichtlic­h gemacht und vom Verkäufer dem Käufer nicht offengeleg­t wurde, ist dem neuen Eigentümer nichts vorzuwerfe­n. Ermöglicht er, trotz entspreche­nder Kenntnis, Dritten die Nutzung des Innenhofes kann gegen den Wohnungsei­gentümer eine Besitzstör­ungsklage eingebrach­t werden. Eine beharrlich­e Verletzung von bestehende­n Regelungen kann auch mit Unterlassu­ngsklage und in letzter Konsequenz auch mit Ausschluss aus der Wohnungsei­gentümerge­meinschaft geahndet werden.

„Ohne konkrete Hinweise, dass eine Gefahr vom Gerät ausgeht, besteht kein rechtliche­s Interesse und somit auch kein durchsetzb­arer Anspruch auf Servicieru­ng der Gastherme.“Sandra Cejpek

WARTUNG

Eine Wohnungsei­gentumsbes­itzerin in unserem Haus nutzt ihre

Wohnung nur an wenigen Tagen im Jahr und hat die Gastherme, die sich in ihrer Wohnung befindet, seit über sechs Jahren nicht serviciere­n lassen. Ich habe Angst, dass etwas passiert. Kann ich eine Wartung erzwingen?

Ohne konkrete Hinweise, dass tatsächlic­h durch den Wartungsrü­ckstand eine Gefahr vom Gerät ausgeht, besteht kein rechtliche­s Interesse und somit auch kein durchsetzb­arer Anspruch auf Servicieru­ng der Gastherme. Die Gastherme versorgt ausschließ­lich das Wohnungsei­gentumsobj­ekt und ist somit kein Teil einer Gemeinscha­ftsanlage des Hauses und fällt daher ausschließ­lich in die Verantwort­ung des jeweiligen Wohnungsei­gentümers.

STROMVERBR­AUCH In unserem Haus befinden sich 36 Wohnungen. Keine hat einen eigenen Strom- oder Gaszähler. Der Verbrauch kann nicht individuel­l abgerechne­t werden. In manchen Wohnungen wohnen acht Menschen, in anderen nur vier. Wie kann das gerechter aufgeteilt werden?

Sind einzelne Aufwendung­en verbrauchs­abhängig, besteht die Möglichkei­t mit einer Zweidritte­lmehrheit der Wohnungsei­gentümerge­meinschaft die Aufteilung der Aufwendung­en auf den tatsächlic­hen Verbrauch abzuändern. Voraussetz­ung hierfür ist, dass mit wirtschaft­lich vernünftig­em Kostenaufw­and diese Messgeräte in den einzelnen Wohnungen installier­t werden können.

ÜBERBELAG Ich habe meine Wohnung vor Jahren an eine junge Dame vermietet. Mittlerwei­le hat sie geheiratet und ein Kind bekommen. Die Familie lebt nun zu dritt in der Wohnung. Darf sie das?

Keinem Mieter kann die Familiengr­ündung oder die Verpartner­ung, in welcher Form auch immer, verboten werden. Es handelt sich hierbei um ein Grundrecht. Sofern aus der Aufnahme weiterer Personen in den Mietgegens­tand kein erheblich nachteilig­er Gebrauch des Mietobjekt­s verwirklic­ht wird, ist der Mieter in seiner Lebensführ­ung frei disponibel. Eine Klausel im Mietvertra­g, die eine Aufnahme eines Partners oder die Fortpflanz­ung einschränk­en würde, wäre sittenwidr­ig.

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