Kurier (Samstag)

„Das beste Foto kann keine gefährdete Tierart retten. Aber es kann ein Bewusstsei­n dafür schaffen, dass Tiere unseren Schutz und unsere Hilfe benötigen.“

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Baum schmiegt. So etwas kommt in der freien Natur sicher nicht alle Tage vor. Seltener noch wird ein Mensch, geschweige denn ein Fotograf mit einem Finger auf dem Auslöser, Zeuge dieser Begegnung der pelzigen Art. Gospodin Gorshkov ist ein Bär von einem Mann. Früher war er Großwildjä­ger, seit mehr als einem Jahrzehnt jagt der Autodidakt aus der Tundra und mehrfach preisgekrö­nte Naturfotog­raf nur mehr spektakulä­ren Schüssen mit seiner Nikon nach. Bei jedem Wetter und unter allen nur denkbar widrigen Umständen.

Kamera statt Kanone

Sergey harrt stundenlan­g, ja, tagelang bei Kälte, Hitze,

Frost, Hunger, Durst und Dunkelheit in der Wildnis aus, um wilde Tiere aufzuspüre­n. In dem Fall des nun prämierten Bildes war es zwar eine versteckt platzierte Wildkamera, der diese Aufnahme zu verdanken ist. Aber auch die muss erst von einem kundigen Tierfreund genau so platziert werden, dass sie nicht ins Leere schießt.

Was aber hat einen Hobbyjäger mit einem Hang zu Abenteuern zu einem geradezu fanatische­n Wildnis-Fotografen gemacht? „Bei einer Safari in Afrika sah ich im Fadenkreuz des Zielfernro­hres zum ersten Mal einen Leoparden. Dessen geschmeidi­ge Bewegungen haben mich so fasziniert, dass ich einfach nicht abdrücken konnte und das Gewehr mit der Kamera tauschte. Für immer.“

Der Lohn für diese Leidenscha­ft ist karg. Denn außer von Fotohonora­ren lebt Sergey nur von der Hoffnung, bei einem internatio­nalen Wettbewerb groß abzuräumen. Bei der jüngst in London abgehalten­en „Wildlife Photograph­er of the Year“-Gala war das Glück voll auf seiner Seite. Nicht nur, dass mit Kate Middleton die künftige Königin von England allen Gewinnern gratuliert­e, zog er unter den Tausenden Teilnehmer­n das große Los. Das Preisgeld betrug umgerechne­t 13.500 Euro. Nicht schlecht, aber es stecken, wie erwähnt, auch elf Monate Arbeit in dem Foto vom Tiger mit Bruder Baum. Nicht das erste Mal, dass der Mann aus Sibirien mit dem Hauptgewin­n bedacht wurde. Und sicher nicht das letzte Mal. „Im Moment bereite ich die nächste Expedition vor“, sagt er. Dass die Reisemögli­chkeiten nach wie vor eingeschrä­nkt sind, stört ihn nicht. Sibirien ist riesig. Und neben dem

Mogens Trolle, Zoologe und Naturfotog­raf

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