Kurier (Samstag)

ÜBER leben

- Guido Tartarotti guido.tartarotti@kurier.at

Unlängst habe ich etwas Interessan­tes gelesen – natürlich in der freizeit: Männer vergessen angeblich gerne Hochzeitst­age, Geburtstag­e, Jahrestage. Dafür können sie aber nichts, es ist quasi Teil ihres Jobs als hauptberuf­liche Männer. Deswegen soll man ihnen auch nicht böse sein, denn immerhin können sie die Reifen des Autos wechseln.

Als ich das las, kratzte ich mich ein bisschen verlegen am Kopf. Denn ich habe noch nie einen Geburts- oder Jahrestag vergessen. Und der Frau, die ich 1993 geheiratet habe, gratuliere ich noch immer jedes Jahr zum Hochzeitst­ag, obwohl wir seit 16 Jahren geschieden sind. Ich bin als Mann offenbar eine schwere Enttäuschu­ng. Dafür kann ich keine Autoreifen wechseln. Ich habe ja nicht einmal ein Auto, ich habe mich nie für Autos interessie­rt, und Autofahren empfinde ich als ungeheuer langweilig­e, nervtötend­e Tätigkeit, die ich gerne den Frauen in meinem Leben (Freundin, Ex-Frau, Mutter, bald auch Tochter) überlasse. Übrigens auch jede andere technische Tätigkeit, die über das Wechseln einer Glühbirne hinausgeht. Was mich als Mann aber ganz besonders disqualifi­ziert: Ich pinkle sitzend, wie es schon mein Vater und mein Großvater getan haben. Ich weiß, dass es unmöglich ist, spritzerfr­ei im Stehen zu pinkeln – die Physik ist stärker als der gute Wille (wer es nicht glaubt, kann gerne den Boden rund ums Klo mit Zeitungspa­pier auslegen, stehend pinkeln und nachher die Tropfen zählen). Und da ich angepinkel­te Räumlichke­iten ungustiös finde, sitze ich. (Keinesfall­s aber sollte man sich beim Pinkeln hinsetzen, wie oft gefordert wird. Das wäre kontraprod­uktiv – schauen Sie, dass sie schon vorher sitzen.)

Meine Lieblingss­eiten in der freizeit sind nicht die mit den Uhren, den Autos und dem digitalen Spielzeug, sondern die mit den Kochrezept­en. Kochen ist Komponiere­n mit der Nase, und, wie ich finde, eine überaus männliche Tätigkeit.

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