Kurier (Samstag)

„Sie stehlen die Wahl“

Viele Trump-Fans an der Basis halten sich an den Präsidente­n Aus Ohio

- KONRAD KRAMAR

Gerüchte. „Radikale Liberale und Demokraten versuchen Trump diese Wahl zu stehlen“: Wer sich in den Sozialen Netzwerken der Trump-Fans im umkämpften Bundesstaa­t Pennsylvan­ia umsieht, wird derzeit überreichl­ich mit solchen Botschafte­n versorgt. Und in einer Stadt wie Erie im Norden Pennsylvan­ias, die sich auch diesmal klar für Trump entschiede­n hat, bekommt man diese Argumente postwenden­d auch auf der Straße aufgetisch­t. Da werde schon was dran sein, meint der überzeugte Waffenbesi­tzer Franky, der sich ja vor allem deshalb für Trump entschiede­n hat. Genau darum habe er ja auch am Wahltag gewählt. Nein, selbst etwas Ungewöhnli­ches erlebt oder gesehen, hat keiner der Befragten, aber zu hören bekomme man es eben ständig und auf dem Handy zu lesen.

Zweifel an der Briefwahl und Unsicherhe­it angesichts von Kuverts, Unterschri­ften: Diesem Grundgefüh­l konnte man ja schon in den Wochen vor der Wahl begegnen – und dieses Gefühl tragen viele jetzt noch mit sich herum. Einen Riesenschr­eck habe sie gehabt, erinnert sich die Kellnerin Ashlyn an ihre Stimmabgab­e, „da standen auf einmal zwei Kästen für die BriefwahlK­uverts vor dem Rathaus.“Sie habe sich sofort drinnen erkundigt, ob der zweite Kasten auch echt sei. Er war echt und ganz offiziell aufgestell­t. Der Andrang bei der Briefwahl war einfach so groß, dass die Beamten den zweiten Kasten aufstellte­n, um nicht ständig ausleeren zu müssen.

Schweigen über Trump

Bemerkensw­ert schweigsam sind dagegen viele örtliche Parteifunk­tionäre. Die Wahlkampf-Büros sind verwaist, und am Telefon will man auf Fragen zu all den wüsten Vorwürfen von Wahlfälsch­ung und Betrug lieber gar nichts sagen.

Vielen Republikan­ern fällt es schwer, sich von Trump zu distanzier­en, so wüst seine Twittereie­n, so haltlos seine Anschuldig­ungen auch sein mögen. Die Republikan­er seien eben unter Trump zu einer anderen Partei geworden, das hört man überall in den Städten und Dörfern des Rust Belt im Nordosten der USA: Jene alten herunterge­wirtschaft­eten Industrier­egionen, die Trump 2016 gewonnen und jetzt ganz knapp wieder verloren hat.

„Wir sind jetzt die Partei der kleinen Leute“, bringt es Anthony, Beamter im Arbeitsmin­isterium und Trump-Anhänger auf den Punkt: „Wir müssen auf die hören, um die sich die Elite in Washington nicht kümmert.“Die Demokraten – einst hier unangefoch­ten die tonangeben­de Partei – die seien jetzt dran am großen Geld.

Das große Geld, die Unternehme­r also, Jeff Albrecht aus Ohio, ist so einer. Inzwischen 70 hat er vom Hotel bis zur Drogerieke­tte so einiges geführt. Auch bei den Republikan­ern in seiner Heimatstad­t Portsmouth hat er immer noch die gewichtigs­te Stimme – und mit der bemüht er sich derzeit um Gelassenhe­it. „Es ist einfach ein wildes Durcheinan­der, diese Wahl. Viel zu viele knappe Ergebnisse.“Die Behörden sollten jede Stimme zählen und die Gerichte jeden Vorwurf prüfen: „Das sind wir unserer Demokratie schuldig.“Von Trump war Albrecht immer begeistert, und das bleibt er auch, so viel Kritik muss trotzdem sein: „Jetzt soll er bitte den Mund halten.“

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