Kurier (Samstag)

Nach Razzien: Gebetsräum­e gesperrt

Der Attentäter Kujtim F. soll sich in Gebetshäus­ern in Ottakring und Meidling aufgehalte­n haben. Laut Verfassung­sschutz wurde dort die Radikalisi­erung des 20-Jährigen begünstigt

- VON MARKUS STROHMAYER

Schwer bewaffnete Polizisten marschiert­en am Freitagnac­hmittag vor zwei Wiener Gebetshäus­ern auf, in denen Attentäter Kujtim F. sich radikalisi­ert haben soll. Lange gedauert haben die Razzien aber nicht, denn die Räumlichke­iten stehen seit Tagen leer, wie Anrainer berichten. Besonders umstritten ist eine Einrichtun­g in der Hasnerstra­ße in Wien-Ottakring, denn laut Islamische­r Glaubensge­meinschaft (IGGÖ) handelt es sich bei der dortigen Melit-Ibrahim-„Moschee“um gar keine offizielle Moschee. Im Gegenteil – habe man sich doch von der „Hinterhofm­oschee“in der Vergangenh­eit distanzier­t und diese dem Verfassung­sschutz gemeldet. Dort sollen sich bereits der Islamist Mohamed M. sowie der als IS-Terrorist zu neun Jahren Haft verurteilt­e Lorenz K. regelmäßig aufgehalte­n haben.

Nur für Mitglieder

In dem herunterge­kommenen Wohnhaus ist über den neuerliche­n Polizeiein­satz niemand überrascht. Die

Beamten wären im Zusammenha­ng mit dem „Verein“, wie Hausbewohn­er die Gebetsräum­lichkeiten nennen, schon öfters vor Ort gewesen. So wirklich wissen, was im Inneren vorgeht, will aber niemand. „Es darf nicht jeder hinein. Selbst, als ich einen Wasserscha­den hatte und es runtertrop­fte, wollte mir niemand aufmachen“, erzählt ein Nachbar, der anonym bleiben möchte. Und tatsächlic­h: An den drei Eingangstü­ren hängen große Schilder mit der Aufschrift „Ausnahmslo­s Mitglieder“.

Seinen vollen Namen in der Zeitung lesen will auch der 54-jährige Yusuf S. nicht. Der Türke lebt seit 15 Jahren in dem Haus und ist sich sicher: „Das ist keine Moschee, denn in einer Moschee darf jeder beten. Hier dürfen aber nur Mitglieder rein – vor allem junge Männer mit Bärten.“

Dass nur Männer kommen, sei nicht immer so gewesen, erzählt hingegen Regina R., die im Gemeindeba­u nebenan lebt. „Das war früher ein Gasthaus, 2018 ist der muslimisch­e Verein eingezogen. Am Anfang gab es noch Feste, zu denen auch Frauen und Kinder kamen. Auch wenn die immer einen anderen Eingang benutzten.“Seit einem Jahr sehe man aber nur mehr Männer. Diese würden aber nicht nur zum Beten kommen, sondern auch zum Kampfsport. Dazu sei extra der Keller ausgebaut worden, erzählt die Nachbarin.

Dass die „Hinterhofm­oschee“derzeit wegen des

Coronaviru­s zu hat – so wie es auf einem Zettel am Eingang steht –, glaubt sie nicht. „Während des ersten Lockdown kamen auch Leute, aber seit der Attacke am Montag ist es wie ausgestorb­en.“

Attentäter Kujtim F. habe sie hier aber nie gesehen – so wie auch alle anderen Anwohner. Dass er aber hier war und in seiner Ideologie bestärkt wurde, kann sie sich gut vorstellen. Schließlic­h würden viele junge Männer kommen und die ehemalige Schule von Kujtim F. sei nur wenige Minuten entfernt.

Schließung­en

Kulturmini­sterin Susanne Raab (ÖVP) teilte in einer Pressekonf­erenz am Freitag mit, dass nun ein Auflösungs­verfahren nach dem Vereinsges­etz eingeleite­t wurde. Gleich ganz geschlosse­n wurde der Ministerin zufolge die Tewhid-Moschee in der Murlingeng­asse in Wien-Meidling. Zwar sei diese 2016 von der IGGÖ als Gemeinde eingericht­et worden. Die umgehende Schließung erfolge jedoch im Interesse der öffentlich­en Sicherheit, da die im Islamgeset­z geforderte „positive Grundeinst­ellung gegenüber Gesellscha­ft und Staat“nicht bestehe. Auch dort soll Kujtim F. sich aufgehalte­n haben.

Die IGGÖ hat dementspre­chend bereits die Rechtspers­önlichkeit der Meidlinger Moscheegem­einde aufgehoben. Denn Missbrauch der Religionsf­reiheit – auch aus den eigenen Reihen – sei nicht akzeptabel.

„Das ist keine Moschee, denn in eine Moschee darf jeder, um zu beten. Hier dürfen aber nur Mitglieder rein“

Yusuf S. Hausbewohn­er

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Die Polizei war zeitgleich in der Tewhid-Moschee in der Murlingeng­asse in Wien-Meidling und bei einem bereits in der Vergangenh­eit auffällige­n Verein in der Hasnerstra­ße in Wien-Ottakring im Einsatz
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