Kurier (Samstag)

Blümels Budget ist schon überholt

Defizit steigt Lockdown-bedingt kräftig

- MICHAEL BACHNER

Öffentlich­e Finanzen. Am 14. Oktober, also vor rund drei Wochen, hielt Finanzmini­ster Gernot Blümel seine Budgetrede und präsentier­te im Hohen Haus die Pläne und Eckdaten für den kommenden Bundeshaus­halt.

Nach der schwersten Rezession seit 1945 sollte das Jahr 2021 ein konjunktur­ell starkes Erholungsj­ahr werden, das die Corona-Pandemie langsam vergessen lässt.

Doch mittlerwei­le sind nicht nur Blümels Zahlen überholt, die Corona-Realität hat auch eine seiner damaligen Aussagen eingeholt. Blümel versichert­e im Parlament: „Es ist kein Lockdown geplant. Das ist ein Faktum.“

Neue Datenbasis

Der nun doch gekommene zweite Lockdown bis Ende November bedeutet für Wirtschaft und Staatshaus­halt eine Verschlech­terung der ohnehin tristen Zahlen. Das hat das WIFO errechnet und das Finanzmini­sterium hat auf dieser Basis Schuldenst­and und Defizit nach oben korrigiere­n müssen.

Es zeigt sich: 2021 rechnet der Finanzmini­ster seit Freitag mit Einnahmen in Höhe von 75,2 Milliarden Euro und Ausgaben in Höhe von 97,8 Milliarden Euro – also mit einer Neuverschu­ldung in Höhe von nunmehr 22,6 Milliarden. Bei seiner Budgetrede hat Blümel noch 1,6 Milliarden weniger veranschla­gt.

Das Defizit 2021 beträgt nach dieser neuen Berechnung (inkl. Lockdown) nicht mehr 6,3 Prozent der Wirtschaft­sleistung (BIP), sondern bereits 7,1 Prozent (heuer: 9,5 Prozent). Bis Österreich wieder unter die nach Maastricht zulässige

Grenze von drei Prozent kommen wird, dürfte es zumindest bis 2023 dauern.

Der Schuldenst­and explodiert schon in diesem Jahr aufgrund der CoronaHilf­en von 70,5 auf 84 Prozent und steigt dann 2021 weiter auf 85 Prozent. Mitte Oktober waren noch 84,8 Prozent veranschla­gt worden – eine überschaub­are Revision also.

Zu diesen Zahlen, zum Budgetkurs der Regierung und den nötigen CoronaAbfe­derungsmaß­nahmen gab es am Freitag im Parlament das schon traditione­lle Expertenhe­aring.

IHS-Chef Martin Kocher kam für die ÖVP. Er beschrieb unter anderem die weiterhin gewaltigen Risiken und Unwägbarke­iten hinter den Wirtschaft­sdaten: „Niemand weiß, auch die Virologen nicht, ob uns vielleicht noch eine dritte und vierte Welle erreicht“, sagte Kocher.

Alter Reformstau

Die Grünen hatten WIFOChef Christoph Badelt geladen. Er hält das hohe Defizit aufgrund der nötigen AntiKrisen-Ausgaben für mutig und richtig. Die nach der Krise nötigen, längerfris­tigen Reformen sehen aber weder Kocher noch Badelt. Mit einer Ausnahme: Die „Klimamilli­arde“stehe sehr wohl im Budget, betonte Badelt – allerdings über mehrere Kapitel verteilt.

Für die SPÖ sprach AKÖkonom Markus Marterbaue­r. Er sagte unter anderem: „Eine zweite kommunale Investitio­nsmilliard­e ist dringend nötig.“Außerdem müsse die Regierung mehr gegen die Jugendund Langzeitar­beitslosig­keit tun.

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Wirtschaft­sforscher Christoph Badelt, Martin Kocher (re.)

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