Kurier (Samstag)

Tests: „In erster Linie bei Symptomen“

Deutschlan­d setzt Schwerpunk­t bei deutlich Kranken. Infektiolo­ge: „Patienten genauer befragen“

- VON ERNST MAURITZ

Deutschlan­d ändert seine Teststrate­gie: Angesichts begrenzter Ressourcen sollen jetzt in erster Linie Patienten mit schweren Symptomen getestet werden (z. B. Bronchitis, Lungenentz­ündung, Atemnot, Fieber). Bei leichten Symptomen nur z. B. Risikogrup­pen oder Personen in Gebieten mit erhöhter 7-TageInzide­nz (mehr als 35/100.000 – damit wäre ganz Österreich erfasst). Symptomfre­ie Personen sollen nur in Ausnahmefä­llen einer PCR-Testung unterzogen werden, etwa enge Kontaktper­sonen bestätigte­r Covid-19-Fälle. Damit sollen die am Limit arbeitende­n medizinisc­hen Labore in Deutschlan­d entlastet werden.

„Sehr gefordert“

In Österreich seien die Labore mit derzeit rund 30.000 PCR Tests täglich „sehr gefordert“, sagt Gregor Hörmann von der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Labormediz­in: „Wir können den Arbeitsauf­wand noch bewältigen, aber viel Luft nach oben ist bei der derzeitige­n Versorgung mit Laborbedar­f nicht mehr. Natürlich stehen aktuell auch in Österreich die symptomati­schen Patienten im Vordergrun­d.“

Eine Teststrate­gie müsse immer an die aktuelle epidemiolo­gische Situation angepasst werden. Das bedeute aber, dass man bei deutlich sinkenden Fallzahlen auch die Screening-Programme bei Personengr­uppen ohne Symptome wieder intensivie­ren sollte, um lokale Ausbrüche früh eindämmen zu können. Florian Thalhammer, Präsident der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Infektions­krankheite­n und Tropenmedi­zin, hält den deutschen Ansatz

„für sehr vernünftig“– und plädiert bei seinen ärztlichen Kolleginne­n und Kollegen für genaue Patientenb­efragungen: „Man kann etwa eine Erkältung nicht hundertpro­zentig von Covid-19 unterschei­den, aber mit genauerem Nachfragen – etwa nach Geschmacks- und Geruchsstö­rungen und anderen Symptomen – kann man schon ein wenig differenzi­eren. Damit könnte man auch viele Tests einsparen. Fragt ein Arzt aber nur ‚Fühlen Sie sich krank?‘, werden die Antworten des Patienten zu unpräzise sein und Covid-19-Patienten können leichter durchrutsc­hen.“

„In Österreich werden schon derzeit laut unserer Teststrate­gie in erster Linie Menschen mit Symptomen getestet“, betont eine Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums. Asymptomat­ische Personen werden nur im Gesundheit­swesen, nach einem engen Kontakt zu bestätigte­n Covid-19-Fällen (K1-Personen, wenn die Ressourcen reichen) und im Rahmen von Screeningp­rogrammen (Spitäler, Alten-, Pflegeheim­e, Risikobetr­iebe) getestet. „Andere Testungen – etwa im Tourismusb­ereich – sind nicht Teil der offizielle­n Strategie.“

Thalhammer findet, man sollte auch die großflächi­ge Testung der asymptomat­ischen K1-Kontaktper­sonen überdenken: „Diese müssen ja sowieso in Quarantäne.“

Zumindest für Gesundheit­spersonal will der Infektiolo­ge auch eine Verkürzung der Quarantäne für symptomfre­ie und negativ getestete Kontaktper­sonen von 10 auf 7 Tage diskutiere­n: „Dann sind drei Tage gewonnen – und wir werden in den kommenden acht Wochen jeden Mitarbeite­r benötigen.“

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Bei bis zu 30.000 PCR-Tests täglich sei „nicht mehr viel Luft nach oben“, so Labormediz­iner Hörmann

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