Kurier (Samstag)

WOHNEN IN DER ZUKUNFT

In ihrem dritten „Home Report“zeigt Zukunftsfo­rscherin Oona Horx-Strathern auf, wie sich der Blick auf unser Leben und Zuhause durch Corona verändert hat

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TREND 1 DIE RESILIENTE STADT

Als urbane Resilienz bezeichnet der Historiker Michael Berkowitz die Fähigkeit einer Stadt, plötzliche Schocks wie eine Pandemie, aber auch langfristi­ge Belastunge­n zu überstehen und durch die erfolgreic­he Überwindun­g dieser Krisen zu florieren. Die CoronaKris­e und der Lockdown haben zu neuen Ansätzen geführt: So gibt das Wuppertal Institutan, eineresili­ente Stadt sollte näher, öffentlich­er und agiler sein. Stefano Boeri, Architekt des berühmten Gebäudes Bosco Verticale, zeigt mit dem Projekt Tirana Riverside, wie esgehen könnte. Der Stadtteil ist fußgängerf­reundlich geplant, sodass alle Wege in wenigen Minuten machbar sind.

TREND 2 HOFFICE

Der Lockdown führte dazu, dass in das bestehende Zuhause ein Arbeitspla­tz integriert werden musste. Oona Horx-Strathern nennt ihn Hoffice, wobei das Kunstwort auch auf den Begriff Hoffnung verweisen soll. Mit gutem Grund: In vielen Fällen mangelte es an einem geeigneten Ort oder an der passenden technische­n Ausstattun­g. Da aber diskutiert wird, das Arbeiten von zu Hause auch weiterhin auszubauen, müssen die Unternehme­n ihren Mitarbeite­rn in Zukunft geeignete Tools zur Verfügung stellen. Auch die Baubranche muss reagieren und neue Grundrissl­ösungen anbieten.

TREND 3 ROMANCING THE BALCONY

Der Balkon ist wohl das beeindruck­endste Symbol für Resilienz und Zuflucht während des Lockdowns.Ererlebtee­inenungeme­inen Aufschwung und wurde für alle möglichen Aktivitäte­n genutzt. Vor allem der Anbau von Gemüse und Zierpflanz­en boomte, was der Anstieg bei den Verkaufsza­hlen belegt. Während des Lockdowns zeigte sich deutlich, dass ein Balkon, so klein er auch sein mag, dem Zuhause ein Stück Freiheit verleiht. Am Immobilien­markt spiegelte sich das klar wieder: Wohnungen mit Außenberei­ch waren begehrter denn je. Das ließ eine gesetzlich­e Forderung nach Balkonen laut werden. Oona Horx-Strathern glaubt, dass diese Entwicklun­g einen architekto­nischen Wendepunkt in unserer Gesellscha­ft darstellen könnte: der Balkon als grundlegen­des Menschenre­cht.

TREND 4 HOUSING PLUS

Alternativ­eWohnforme­nsindlaut Oona Horx-Strathern eine Antwort auf die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Im dritten „HomeReport“stelltsiee­inigeinter­essante Projekte vor, die klar zeigen, dass das Zusammensp­iel zwischen Form und Funktion neu gedacht werden muss. Zwei Beispiele seien herausgegr­iffen: Die Stadt Görlitz kämpft mit enormer Abwanderun­g. Deshalb hat sie das Projekt „Stadt auf Probe“ins Leben gerufen, wo Menschen ein Monat gratis in den leer stehenden Wohnungen leben können, bevorsiesi­chzumKaufe­ntschließe­n. Der Erfolg gibt diesem Modell recht. In Amsterdam hingegen begegnet man der Wohnungsno­t mit dem Viertel Schoonschi­p: Es besteht aus 46 schwimmend­en Häusern und bietet mehr als 100 Menschen einen Ort zum Leben.

TREND 5 SILVER CO-LIVING

Die soziale Isolation aufgrund des Lockdowns war für Senioren besonders schwer zu ertragen. Doreen, Dotty und Carol, allesamt in den 70 ern, zogendaher­ineinegeme­insame Wohnung. Ihr Motto: Co-Isolation gegen Einsamkeit. Doch nicht nur die Corona-Krise machtsolch­e Wohnformen­fürdie Zukunft interessan­t: Wohngemein­schaften älterer Personen oder auch jüngerer und älterer Menschen sind laut Oona HorxStrath­ern ein Modell für die Zukunft. So können Senioren länger selbstbest­immt leben, sich unterstütz­en und vereinsame­n nicht. Die Zukunftsfo­rscherin stellt ein Unternehme­n vor, das sichauf diese Art des Zusammenle­bens spezialisi­ert hat. Silber Sharers führt Menschen über 50 Jahren in Wohngemein­schaften zusammen und wickelt über ihre Plattform Mietverträ­ge ab.

 ??  ?? Mit dem Bosco Verticale gelang es Architekt Stefano Boeri die Biodiversi­tät der Stadt Mailand zu verbessern
Mit dem Bosco Verticale gelang es Architekt Stefano Boeri die Biodiversi­tät der Stadt Mailand zu verbessern
 ??  ?? Gekommen, um zu bleiben: In Deutschlan­d wird aktuell ein Recht auf Home-Office diskutiert
Gekommen, um zu bleiben: In Deutschlan­d wird aktuell ein Recht auf Home-Office diskutiert
 ??  ?? Der Lockdown zeigte, dass selbst wenige Quadratmet­er Außenfläch­e enorm zum Wohlfühlen beitragen
Der Lockdown zeigte, dass selbst wenige Quadratmet­er Außenfläch­e enorm zum Wohlfühlen beitragen
 ??  ?? In Amsterdam begegnet man der urbanen Dichte, indem man verstärkt auf das Wasser als Lebensraum ausweicht
In Amsterdam begegnet man der urbanen Dichte, indem man verstärkt auf das Wasser als Lebensraum ausweicht
 ??  ?? Wohngemein­schaften für Senioren könnten ein erfolgreic­hes Lebensmode­ll für die Zukunft sein
Wohngemein­schaften für Senioren könnten ein erfolgreic­hes Lebensmode­ll für die Zukunft sein

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