Kurier (Samstag)

Klare Regeln, Geld und null Interpreta­tionsspiel­raum

Handelsver­band fordert 80-Prozent-Umsatzersa­tz sowie einen Verlustaus­gleich für geschlosse­ne Geschäfte

- SIMONE HOEPKE

Handel. Für Rainer Will, Geschäftsf­ührer des Handelsver­bandes, steht eines schon am Freitag fest: „Die Händler müssen unter den 80-Prozent-Schutzschi­rm.“Schließlic­h habe seine Branche schon in der ersten Novemberhä­lfte massiv unter dem Lockdown light gelitten und insgesamt geschätzte 750 Millionen Euro an Umsatz verloren. Maskenpfli­cht, geschlosse­ne Lokale und Jobunsiche­rheiten drücken auf die Konsumlaun­e.

Wenn jetzt ein zweiter harter Lockdown kommt, sei es zudem an der Zeit, „das volle Spektrum der EU-Hilfen auszuschöp­fen“, findet

Will. Und meint damit neben dem Fixkostenz­uschuss auch das Mittel des Verlustaus­gleichs. Bei Letzterem sieht die EU bei coronabedi­ngten Verlusten Zuschüsse im Ausmaß von bis zu 90 Prozent vor, wenn der betroffene Betrieb nicht mehr als 50 Mitarbeite­r hat (bei größeren Unternehme­n geht es um eine Erstattung von maximal 70 Prozent des Verlusts).

Vom genannten Verlustaus­gleich würden laut Will vor allem jene Unternehme­n profitiere­n, die kurz vor dem ersten Lockdown noch expandiert hatten. Also etwa im Februar noch neue Mietverträ­ge unterschri­eben und Mitarbeite­r aufgenomme­n haben. „Sie schauen jetzt beim Fixkostenz­uschuss größtentei­ls durch die Finger“, sagt Rainer Will.

Denn viele Klein- und Mittelbetr­iebe haben all ihre Filialen in einer Gesellscha­ft zusammenge­fasst – führen also nicht jedes Geschäft als eigene juristisch­e Person. In der Berechnung des Fixkostenz­uschusses ist das ein gravierend­er Nachteil. Denn auf dem Papier halten sich die Umsatzeinb­rüche in Grenzen, weil nun mehrere Standorte zum Unternehme­n gehören und damit zum Umsatz beitragen.

Ein Dilemma, das übrigens auch Hotelkette­n kennen, die alle Häuser in einund derselben Gesellscha­ft führen und so bei der 80Prozent-Umsatzerst­attung schnell den Deckelbetr­ag von 800.000 Euro erreichen.

Ruf nach klaren Regeln

Will wünscht sich von der Politik vor allem eines: „Eine Verordnung mit klaren Regeln und null Interpreta­tionsspiel­raum.“Zur Erinnerung: Im Frühjahr war unter anderem strittig, welche Non-Food-Segmente (also Nichtleben­smittel) die Supermärkt­e und Diskonter verkaufen dürfen. Unter anderem hatten Blumenhänd­ler moniert, dass in den Supermärkt­en das Geschäft mit Pflanzen florierte, während sie selbst geschlosse­n halten mussten. Die Sache ist heikel. Sollten jetzt – wie im März und April – tatsächlic­h alle Händler außer dem Lebensmitt­eleinzelha­ndel, Drogeriemä­rkten, Trafiken und Apotheken schließen müssen, „ist das das reinste Amazon-Förderungs­programm“, sagt Will. Schließlic­h wären die Konsumente­n just in der umsatzstär­ksten Zeit des Jahres dazu gezwungen, im Internet Geschenke zu kaufen. Und die Statistik zeigt, dass ohnehin schon jeder zweite Euro, den Österreich­er im Internet ausgegeben, auf das Konto eines ausländisc­hen Anbieters fließt. Will: „Es kann nicht sein, dass heuer nur noch Pakete von Amazon unter dem Christbaum liegen.“

Der Handelsspr­echer muss allerdings eingestehe­n, dass es einigen Händlern gar nicht ungelegen käme, müssten sie jetzt schließen. Vorausgese­tzt, sie bekommen 80 Prozent des Umsatzentg­angs erstattet. Aufgrund der flauen Konsumlaun­e sei das oft mehr, als sich viele im Geschäftsb­etrieb erhoffen konnten.

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