Kurier (Samstag)

Die Rückkehr der Corona-Matte

Friseure stellen sich auf Schließung der Geschäfte ein. Kammer appelliert an Regierung, Verordnung­en rechtzeiti­g bekannt zu geben

- ANNA-MARIA BAUER

Kamm out. Seit Freitagmit­tag läutet das Telefon im „Haaratelie­r Gersthof“(18. Bezirk) auf einmal wieder ständig. Kunden wollen wissen, ob sie nicht noch schnell am Samstag vorbeikomm­en könnten – „bevor es nicht mehr geht“.

Offiziell ist am Freitag noch nicht bekannt, wie der härte Lockdown konkret aussieht. Aber viele rechnen offenbar damit, dass Handel sowie Dienstleis­tung – und damit auch die rund 9.000 Friseure des Landes – schließen müssen und wollen nicht den gleichen Fehler wie im Frühjahr begehen: Selbst-SchneidTut­orials, Farbflecke­n im Badezimmer, eine „CoronaMatt­e“– kaum eine Dienstleis­tung wurde ab der zweiten

Märzhälfte so sehr vermisst, wie die des Haareschne­idens.

„Das war nur noch Kraut und Rüben“, sagt eine Kundin, die Freitagnac­hmittag beim Friseur „Klipp“in der Wiener Nussdorfer Straße sitzt. Sie ist nach ihrem Dienstschl­uss um 12 Uhr „noch rasch für Mèchen“hierher gesaust. Ihr Termin wäre im Dezember gewesen. „Aber sicher ist sicher.“

Kurzes Hoch

So laut der Ruf nach geöffneten Friseuren während des ersten Lockdowns aber war, so rasch ist die anfänglich­e Euphorie nach der Öffnung am 2.

Mai bei vielen auch wieder verschwund­en. Viele Betriebe haben ein Minus zu beklagen.

„Es gibt ja keine Events“, sagt Gerti Mayer, die eine „Gruppa L’Ultima“-Filiale in Wien-Alsergrund leitet. Frisuren für Hochzeiten, Bälle, Weihnachts­feiern stecken, „Waschen, Legen, Föhnen“; diese Services waren bis dato sehr gefragt und haben sich heuer stark reduziert. Österreich­weit verzeichne­n Friseure laut Wirtschaft­skammer Österreich im Schnitt ein Minus von zehn Prozent.

Einem neuerliche­n harten Lockdown blickt Mayer besorgt entgegen. Gleichzeit­ig hält sie es nicht für sinnvoll, Friseure offenzuhal­ten, wenn sonst alles zu hätte.

„Am Ende geht es nur um die Gesundheit.“Ähnlich sehen das andere Friseure, beim KURIER-Lokalaugen­schein: Sie freuen sich nicht, wenn sie zusperren müssen, aber sie sehen keine Alternativ­e.

Klingelnde Telefone

Auch in der Wirtschaft­skammer liefen am Freitag die Telefone übrigens heiß. Branchenmi­tglieder wollten Informatio­nen. Doch Bundesinnu­ngsmeister Wolfgang Eder musste sie enttäusche­n: Er wusste auch nichts Genaues.

Und so lautet sein erster Appell an die Bundesregi­erung, Verordnung­en zeitgerech­t zu veröffentl­ichen. „Für uns als Innung ist es schwierig, Unternehme­r zu informiere­n, wenn wir die Verordnung erst an dem Tag bekommen, an dem sie schon in Kraft tritt. Oder später.“

Für die kommende Zeit fordert Innungsmei­ster Eder faire Unterstütz­ung: Bei geöffneten Betrieben eine Ausgleichs­zahlung, falls Betriebe unter 80 Prozent Umsatz machen. Bei Schließung eine Hilfsleist­ung wie jene an Gastronome­n und Hoteliers: 80 Prozent des Umsatzes aus dem Vergleichs­zeitraum 2019.

Guten Umsatz erhofft sich Gerti Mayer aus Wien-Alsergrund noch heute, Samstag. Um möglichst viele Kunden vor der vermeintli­chen Schließung bedienen zu können, hat sie ausnahmswe­ise bis 19 Uhr offen.

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Friseurin Gerti Mayer von Gruppa L’Ultima aus Wien-Alsergrund blickt besorgt in die Zukunft

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