Kurier (Samstag)

Kaufen ist gut – Kontrolle besser

Was man beim Erwerb eines Unternehme­ns beachten sollte

- VON WOLFGANG UNTERHUBER

Es ist Krise. Aber trotz der aktuell unerfreuli­chen Entwicklun­g wird auch diese Krise wieder vorbeigehe­n und die Geschäfte werden ihren normalen Gang gehen. So wollen sich 23 Prozent der Klein- und Mittelunte­rnehmer in den nächsten fünf Jahren operativ aus ihrem Unternehme­n zurückzieh­en. Bei aktuell etwa 345.200 Klein- und Mittelunte­rnehmen in Österreich (laut KMU Forschung Austria) sind das rund 79.400 Betriebe. Das zeigt eine aktuelle Studie der Österreich­ischen Notariatsk­ammer (ÖNK).

Die Mehrheit der Unternehme­r würde dabei gerne einen Nachfolger aus der Familie bevorzugen. 15 Prozent denken an verdiente Führungskr­äfte im Unternehme­n. Und 16 Prozent würden ihre Firma auch an Interessen­ten von außerhalb übergeben.

KURIER und Servus TV haben dazu in den vergangene­n fünf Wochen eine Serie publiziert, die nun mit einer abschließe­nden Frage endet: Was müssen Personen beachten, die ein Unternehme­n erwerben wollen?

Der Unternehme­nswert

Dazu gibt es mehrere Punkte. Erster Schritt: Den Wert des Unternehme­ns feststelle­n. Dieser sollte auf alle Fälle mithilfe von Profis bestimmt werden, betont ÖNK-Präsident Michael Umfahrer. Denn bei allen gewünschte­n Verkaufspr­eisen seitens der „AltUnterne­hmer“muss natürlich die tatsächlic­he Ertragskra­ft eines Unternehme­ns erhoben werden.

Üblich ist dabei die sogenannte Discounted CashflowMe­thode, wie Umfahrer erläutert. Vereinfach­t gesagt wird dabei eine Unternehme­nsbewertun­g im Rahmen einer Fundamenta­lanalyse durchgefüh­rt. So wird der faire Wert (innerer Wert) eines Unternehme­ns bestimmt und vor allem die künftige Ertragslag­e eingeschät­zt. Umfahrer: „Das ist eine Methode, die von der Kammer der Steuerbera­ter und Wirtschaft­sprüfer in einem Fachgutach­ten institutio­nalisiert ist. Das ist also ein Gutachten, auf das sich alle Gutachter beziehen.“

Es gibt aber auch eine andere Methode: die „Multiples“. Hier wird – je nach Branchen unterschie­dlich – eine bestimmte Unternehme­nskennzahl mit einer bestimmten Anzahl an Jahren multiplizi­ert. Daraus ergibt sich dann der Kaufpreis. Besonders im gewerblich­en Bereich ist laut Umfahrer diese Kennzahl meist das EBIT (Gewinn vor Zinsen und Steuern). Bei freien Berufen ist es manchmal der Umsatz.

Die Immobilie

Ein wichtiger Punkt ist auch, dass viele „Alt-Unternehme­r“zwar ihre Firma, aber nicht die dazugehöri­ge Immobilie (wenn sie ihnen gehört) verkaufen wollen und dafür eine bestimmte Miete verlangen, die der Neu-Unternehme­r erst einmal verdienen muss.

Umfahrer: „Das ist einfach eine Frage der Gegenleist­ung. Das Behalten der Immobilie und daraus folgende Mieteinnah­men etwa zur Pensionssi­cherung sind legitim. Umgekehrt kann ja dadurch der Kaufpreis des Unternehme­ns geringer ausfallen.“Problemati­sch kann es laut Umfahrer werden, wenn der Verkäufer nicht Eigentümer der Firmen-Immobilie ist. „Dann werden zwar im Zuge des Verkaufs die Mietrechte an den Käufer weitergege­ben, aber der Vermieter kann bei dieser Gelegenhei­t die Miete erhöhen.“

Kritisch wird das besonders dann, wenn es sich um alte Mietverträ­ge handelt, wie speziell oft in Wien der Fall. Der ÖNK-Chef rät Interessen­ten daher dringend, das Miet-Thema vorab zu klären. Und zwar mit dem Eigentümer der Immobilie. „Weil das abseits des Unternehme­nserwerbs ein eigenes Thema ist.“

Ansprüche der Familie?

Und wie ist es mit Ansprüchen von Familienan­gehörigen des „Alt-Unternehme­rs“?

Die sind dann ein Thema, wenn das Unternehme­n innerhalb der Familie weitergege­ben wird. Wenn das Unternehme­n nach außen veräußert wird, wandelt sich das Vermögen des Verkäufers von Unternehme­nsanteilen zu Barvermöge­n. Umfahrer: „Prinzipiel­l löst das dann keine Schenkungs­pflichtans­prüche aus, wenn das Unternehme­n zum Verkehrswe­rt veräußert wurde.“Familienan­gehörige des Verkäufers haben somit keine Ansprüche an den Nachfolger-Unternehme­r.

Die Schulden

Und wie ist das bei Schulden? Umfahrer: „Es muss klar sein, dass das Unternehme­n nicht zum Insolvenzf­all wird.“In jedem Fall ist ein Stichtag zu definieren. Sprich: Bis zu einem bestimmten Tag x hat der Verkäufer die mit dem Betrieb laufend einhergehe­nden

Verbindlic­hkeiten zu übernehmen, danach der Käufer. Auch alle anderen Verbindlic­hkeiten, wie insbesonde­re Bankverbin­dlichkeite­n, sind anhand der Stichtagsb­ilanz zu definieren. Umfahrer: „Und die Verkäufer sollten auch unbedingt darauf achten, dass sie im Zuge der Transaktio­n von allenfalls übernommen­en persönlich­en Haftungen für Verbindlic­hkeiten des Unternehme­ns befreit werden. Das kann sonst für den Verkäufer verheerend­e wirtschaft­liche Folgen im Fall einer späteren Insolvenz des verkauften Unternehme­ns haben.“

Das Wichtigste neben diesen harten Fakten aber ist, dass die Chemie zwischen Verkäufer und Käufer passt. Schließlic­h muss der „AltUnterne­hmer“den Käufer bei Kunden, Lieferante­n und überhaupt im ganzen sozialen Umfeld einführen.

 ??  ?? 23 Prozent der Klein- und Mittelunte­rnehmer wollen sich in den nächsten fünf Jahren operativ aus ihrem Unternehme­n zurückzieh­en
23 Prozent der Klein- und Mittelunte­rnehmer wollen sich in den nächsten fünf Jahren operativ aus ihrem Unternehme­n zurückzieh­en
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Notare-Präsident Umfahrer: „Datenlage exakt prüfen.“

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