Kurier (Samstag)

Klimaschut­z statt Mondspazie­rgang

Mit dem Flug der vierköpfig­en Crew zur Raumstatio­n ISS beginnt ein neues Zeitalter der US-Raumfahrt

- VON MARTIN STEPANEK

Es ist der Beginn einer neuen Ära der US-Weltraumfa­hrt. In der Nacht von Samstag auf Sonntag wird ein SpaceXShut­tle die erste reguläre Crew von US-Boden zur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS bringen. Nach dem erfolgreic­hen Testflug zweier Astronaute­n Ende Mai fliegt die NASA in Kooperatio­n mit Elon Musks privater Firma nun gleich vier Weltraumfa­hrer ins All. Die Mission ist in vielerlei Hinsicht historisch. Mit einer Dauer von einem halben Jahr ist es die längste Mission, die jemals von USBoden

aus gestartet ist. Die Crew steht für Diversität. Neben dem weißen Commander Mike Hopkins fliegen mit Victor Glover und Shannon Walker auch ein Afroamerik­aner und eine Frau zur ISS. Der Japaner Soichi Noguchi komplettie­rt das Team, das sechs Monate lang auf der ISS forschen wird.

Private Raumfahrt

Die Mission, die unter dem Namen „Crew-1“läuft, gilt auch als endgültige­r Durchbruch der privaten Raumfahrt. Erst vor wenigen Tagen wurde SpaceX von der NASA für bemannte Flüge zertifizie­rt. In den kommenden 15 Monaten sind sieben Missionen geplant – ein enormer Erfolg für Tesla-Gründer Elon Musk, der allen Widrigkeit­en zum Trotz seine Vision einer günstig operierend­en, privaten Weltraumfi­rma umsetzte.

Für die USA wiederum bedeuten die Starts von USWeltraum­flughäfen aus einen unabhängig­en Zugang zum All. Nach dem Ende der Space-Shuttle-Missionen der NASA im Juli 2011 waren sie beim Transport ihrer Astronaute­n stets auf russische Missionen angewiesen. Damit ist nun Schluss. Mit Boeing steht zudem eine zweite

US-Firma für Weltraumfl­üge in den Startlöche­rn. Sie hatte zuletzt aber mit einigen Pannen zu kämpfen.

Flug zum Mond wackelt

Nach der Niederlage Donald Trumps brechen auch für die NASA neue Zeiten an. Der von Trump eingesetzt­e Jim Bridenstin­e hat seinen Rückzug schon angekündig­t. Da er keinen berufliche­n Hintergrun­d in der Weltraumin­dustrie hatte, sondern in erster Linie republikan­ischer Politiker war, galt seine Besetzung als umstritten. Zum Missfallen Trumps blieb Bridenstin­e jedoch unparteiis­ch, lobte die Arbeit seiner Vorgänger und der Obama-Regierung und unterstütz­te auch die Klimaschut­zforschung der NASA, die Trump zurückfahr­en wollte.

Unter Joe Biden dürfte sich die strategisc­he Ausrichtun­g erneut ändern. Wie Barack Obama will der neue USPräsiden­t, dass die NASA mittels Satelliten mehr Klimaforsc­hung und Erdbeobach­tung betreibt. Damit dürfte das Artemis-Programm, das eine bemannte Mondlandun­g 2024 vorsah, endgültig zurückgest­ellt werden. „Nachdem das Klimamonit­oring-Programm deutlich hochgefahr­en werden soll, wackelt die finanziell ohnehin auf schwachen Füßen stehende Artemis-Planung noch mehr. Das Jahr 2024 als Landezeitp­unkt auf dem Mond ist nicht zu halten“, sagt Weltraumex­perte Gernot Grömer zum KURIER.

Wie es mit der NASA weitergeht, hängt auch von der US-Senatsmehr­heit ab, die im Jänner entschiede­n wird. Denn für mehr Budget für Klimaschut­zmissionen brauchen die Demokraten eine Senatsmehr­heit. Der demokratis­ch dominierte Kongress erteilte wiederum zusätzlich­en Mitteln zur Finanzieru­ng der Mondlandun­g eine Absage.

 ??  ?? Commander Mike Hopkins, Pilot Victor Glover, Shannon Walker und Soichi Noguchi (von links) bereiten sich auf den achtstündi­gen Flug zur Raumstatio­n ISS vor
Commander Mike Hopkins, Pilot Victor Glover, Shannon Walker und Soichi Noguchi (von links) bereiten sich auf den achtstündi­gen Flug zur Raumstatio­n ISS vor

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