Kurier (Samstag)

Warum können manche Menschen keine guten Verlierer sein?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die Sie überrasche­n werden

- Von Annemarie Josef

Gewinnen ist einfach, verlieren ist nie einfach – nicht für mich“, sagte Donald Trump kürzlich am Tag der Wahlen. Das gilt auch für sein Hobby, das Golfen. Im Buch „Der Mann, der nicht verlieren kann“beschreibt der amerikanis­che Sportjourn­alist Rick Reilly, wie Trump beim Golfen lügt, um als Sieger hervorzuge­hen. In seiner Welt gewinnt nur einer: er selbst. Menschen spielen, Menschen gewinnen, Menschen verlieren. Jeder hat hier seine eigenen Erfahrunge­n, doch eines bleibt immer gleich: Wer gewinnt, fühlt sich happy. Wer verliert, spürt hingegen etwas, das irgendwo zwischen Großzügigk­eit (man kann nicht immer gewinnen), Scham (oje, ich bin ein Loser) und Wut (ich werde mich rächen!) liegt. Was steckt dahinter? Die Entwicklun­gspsycholo­gie weiß, dass Spielen besonders wertvoll ist. In den ersten sechs Lebensjahr­en spielen Kinder bis zu acht Stunden täglich, lernen so ihre Möglichkei­ten und Grenzen kennen. Das Phänomen des Spielens erforscht auch das Berliner „Institut für Ludologie“(„ludus“, das Spiel; „logos“die Lehre).

Institutsl­eiter und Spielewiss­enschaftle­r Jens Junge ist überzeugt: „Wer viel spielt, lernt Verträglic­hkeit, Offenheit und Umgänglich­keit. Also alles, was man braucht, um in der Gesellscha­ft seinen Platz zu finden.“Auch Erwachsene profitiere­n davon. Gut also, dass der Markt an Spielen boomt, ist doch das Würfeln, Raten, Lösungen-finden und Spaßhaben ein Grundbedür­fnis des Menschen. Warum reagieren wir aber so unterschie­dlich? „Im Spiel kommt unser Charakter zur Geltung“, so Ludologe Junge. „Wer nicht gut verlieren kann, der hat zu wenig gespielt und nimmt das Spiel zu ernst.“

Kann man auch bei „Mensch ärger dich nicht“etwas lernen? „Ja“, sagt der Spielefors­cher: „Ich habe zum Beispiel bei meinen Kindern schon mal mittendrin die Spielregel­n geändert.“Was? Das ist ja total ungerecht! „Genau, es ist gut mit Ungerechti­gkeiten umgehen zu lernen, ruhig zu bleiben, der Situation entspreche­nd zu reagieren.“Auch das Scheitern gehöre dazu. Denn wer emotional unstabil ist, wird der Situation unangemess­en reagieren – und so zum schlechten Verlierer.

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechseln­d über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftig­en.

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