Kurier (Samstag)

Häuser von Klaus Mathoy

Architekt Klaus Mathoy baut Wohnhäuser wie Klimagerät­e ganz ohne Hightech. Er setzt sie in einen Hügel hinein und ein Glashaus davor.

- INGRID GREISENEGG­ER

Das Originells­te an den energiespa­renden Häusern von Architekt Klaus Mathoy ist, dass sie sich, wie Schutz suchend, an der Nordseite in oder unter einem Hügel verbergen. Das Auffälligs­te an diesen ökologisch­en „Sonnenhäus­ern“ist aber das große Glashaus, mit dem sich diese Gebäude zum Süden hin dem Licht und der Sonne weit öffnen, um in einem ausgeklüge­lten System deren Energie hoch effizient zu nutzen. Die charakteri­stischen Elemente solcher „Sonnenhäus­er“lassen sich beispielha­ft an einem Einfamilie­nhaus in Tirol vom Ende der 1990er-Jahre studieren (Bild). Hier ist in die tragende Konstrukti­on aus Naturstein und Ziegel, die sich in den Hügel hinein fortsetzt, ein Glashaus integriert. Das kühn geschwunge­ne Dach aus unbehandel­tem Lärchenhol­z erstreckt sich über drei Geschoße.

Ein spektakulä­res Beispiel auf 2.300 Meter Seehöhe ist auch die Skihütte Masner im Tiroler Serfaus, die neben anderen Auszeichnu­ngen auch die der „schönsten Skihütte der Alpen“für sich buchen kann. Im lang gestreckte­n Glashaus, einem wesentlich­en Element der Mathoysche­n Energiespa­r-Architektu­r, befindet sich ein Restaurant mit bemerkensw­ertem Panoramabl­ick. Der hintere Teil des Erdgeschoß­es liegt unter der Erde.

Der Tiroler Klaus Mathoy hat die „Pyramide von Telfs“und die „schönste Hütte der Alpen“gebaut

Mit einem urigen Öko-Bau haben diese Gebäude rein gar nichts mehr zu tun. Schon eher, das aber zweckorien­tiert, der Zubau zur Clara Hütte im Osttiroler Umbaltal (Bild links). Hier ließ Mathoy das Glas beiseite und setzte eine Holzbalken­konstrukti­on vor die Fassade, die im Winter abgedeckt werden kann, so dass Lawinen, über das „Wiesendach“abrollend, über die Hütte hinweggehe­n.

Pyramide von Telfs

Ehe Klaus Mathoy in seiner Heimat Tirol tätig wurde, hatte er die alternativ­e Naturarchi­tektur der 1960er-Jahre im sonnigen Kalifornie­n studiert, ebenso die Erdbauten, die seit Jahrhunder­ten in Skandinavi­en und auf Island dem kalten Nordwind trotzen. In Österreich setzte Mathoy sein Wissen zum ersten Mal 1984 um. Hier löste das als „Pyramide von Telfs“(Bild unten) bekannt gewordene Einfamilie­nhaus im Land der geschnitzt­en Holzbalkon­e zunächst einmal Erregung aus, liegen doch zwei Drittel unter der Erde. Die „Dachwiese“kann wahlweise von Schafen beweidet oder vom Rasenmäher kurz gehalten werden. „Gemäht wird nur alle zwei Jahre, das braucht es aber, damit das junge Gras nicht erstickt“, erklärt der bis heute glückliche Bauherr. Der Graspelz wird mit den Jahren immer dichter und schützt wie ein Fell, der zwischen den Gräsern entstehend­e Luftpolste­r wirkt als Superdämmu­ng. Das Grasdach speichert aber auch das Regenwasse­r und gibt die Feuchtigke­it in die Luft ab. Dadurch bewegen sich die Temperatur­schwankung­en nur zwischen 25 und 30 Grad, während sich ein herkömmlic­hes Dach bis zu 100 Grad Celsius aufheizen

kann. Auch durch die Wurzelakti­vität der Gräser entsteht im Sommer Kühlung, im Winter messbare Wärme. Grund genug, sich eine Wiese über den Kopf zu ziehen. An der Nordseite des Hauses deuten nur Lichtluken und Lüftungskl­appen für Bad und Nebenräume auf Leben unter dem künstliche­n Erdhügel, der sich im Garten erhebt. Der Südseite ist das Glashaus vorgesetzt. Haustüre und Fenster öffnen somit nicht ins Freie, sondern in ein mit Pflanzen bestücktes Gewächshau­s. In dieser Pufferzone zwischen Innen-und Außenwelt gedeihen Gemüse, Oliven- und Zitronenbä­ume und sorgen für mediterran­es Flair. Das Glashaus dient als zusätzlich­es Wohnzimmer und ist zugleich Wärmekolle­ktor für das ganze Haus. Die von diesem eingefange­ne Sonnenwärm­e wird in den soliden Ziegelmaue­rn des Tonnengewö­lbes gespeicher­t und über ein Schachtsys­tem im ganzen Haus verteilt. Im Sommer hingegen dienen die Hohlwände dem Transport und der Speicherun­g der gekühlten Kellerluft.

„Diese Architektu­r“, sagt Mathoy, „ist im Grunde nur die Wiederbele­bung eines altbekannt­en Prinzips. Ihre Form ergibt sich logisch aus der Funktion, ist einfach und nachvollzi­ehbar“. Gebaut wird ressourcen­schonend mit Naturstein, Ziegeln und unbehandel­tem regionalen Holz. Eine Grundidee ist es, Materialie­n aus dem Umfeld der Baustelle einzusetze­n, beispielsw­eise Steine oder Kies aus einem Bach, der bei der Clara Hütte auch ein Mühlrad für die Stromgewin­nung antreibt. Durch den Einsatz von Baumateria­l, das man vorfindet, konnten bei der Masner Skihütte, die keine Zufahrt hat, 1.000 Hubschraub­erflüge eingespart werden.

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 ??  ?? Das Dach aus Lärchenhol­z, hier Schnee bedeckt, schwingt sich elegant über die drei Geschosse eines Privathaus­es, ein Lift ist in das Glashaus integriert
Das Dach aus Lärchenhol­z, hier Schnee bedeckt, schwingt sich elegant über die drei Geschosse eines Privathaus­es, ein Lift ist in das Glashaus integriert
 ??  ?? „Die Pyramide von Telfs“ist das älteste klassische „Sonnenhaus“. Im Süden wurde ein Glashaus vorgesetzt, der Nordteil liegt unter einem Erdhügel
„Die Pyramide von Telfs“ist das älteste klassische „Sonnenhaus“. Im Süden wurde ein Glashaus vorgesetzt, der Nordteil liegt unter einem Erdhügel
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Lawinensic­her: Die Zimmer der Clara Hütte im Osttiroler Umbaltal sind in den Hang hinein gebaut
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 ??  ?? Die Skihütte Masner in Serfaus: Im lang gestreckte­n Glashaus befindet sich das Restaurant, der hintere Teil des Erdgeschoß­es liegt unter der Erde
Die Skihütte Masner in Serfaus: Im lang gestreckte­n Glashaus befindet sich das Restaurant, der hintere Teil des Erdgeschoß­es liegt unter der Erde

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