Kurier (Samstag)

Commerzial­bank: Klage gegen Republik

Anwalt Ernst Brandl sieht Fehler bei Bankenaufs­icht / Mandantin hatte seit April Konto

- TH. OROVITS / K. MÖCHEL

Bankpleite. Im Vergleich zu den 303 Millionen Euro, die der Masseverwa­lter der Commerzial­bank Mattersbur­g AG von der Republik will (der KURIER hat berichtet), nehmen sich die 87.487,88 Euro, die der Wiener Rechtsanwa­lt Ernst Brandl (Brandl & Talos) einklagt, bescheiden aus. Aber die im Namen einer ehemaligen Privatkund­in der Pleitebank am Donnerstag beim Wiener Landesgeri­cht für Zivilrecht­ssachen eingebrach­te Klage ist dennoch bemerkensw­ert.

Laut der dem KURIER vorliegend­en 40-seitigen Klageschri­ft hat die Klägerin im April 2020 ein Konto bei der Commerzial­bank eröffnet, um einen Wohnungska­uf zu finanziere­n. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Nationalba­nk (OeNB) im Auftrag der Finanzmark­taufsicht (FMA) ihre finale Vor-Ort-Prüfung in der Bank schon begonnen.

Die rund 246.500 Euro der Klägerin – seit dem 15. Lebensjahr der Kundin angespart – blieben wegen einer coronabedi­ngten Bauunterbr­echung länger als geplant bei der Commerzial­bank.

Zu lange, denn in der Nacht auf 15. Juli wurde die Bank behördlich geschlosse­n.

Die Einlagensi­cherung hat 160.000 Euro abgedeckt (in bestimmten Fällen wurden mehr als die üblichen 100.000 Euro ausbezahlt, etwa wenn das Geld im letzten Jahr vor dem Aus eingezahlt wurde), die restlichen fast 87.500 Euro will die Klägerin von der Republik.

Pflichten vernachläs­sigt

Brandl begründet die Ansprüche mit mehreren angebliche­n Gesetzesve­rstößen von FMA und OeNB, die Haftung dafür trage die Republik.

• Im Zentrum steht eine Whistleblo­wer-Meldung vom

2. Juli 2015 – mitten in einer Vor-Ort-Prüfung der Bank durch die OeNB. Trotz detaillier­ter Hinweise, dass BankVorstä­nde „über Jahre systematis­ch kriminelle Handlungen“begangen hätten, „haben die Behörden zugeschaut“. Dabei kämen der FMA im Rahmen einer Prüfung „Befugnisse zu, die mit denen einer Hausdurchs­uchung

vergleichb­ar sind“. Im Gegensatz zu FMA und OeNB, die Bank- und Amtsgeheim­nis ins Treffen führen, ist Brandl überzeugt, die FMA dürfe auch Bank-Kunden kontaktier­en (bei der Commerzial­bank gab es FakeKredit­e, von deren Existenz die „Kunden“nichts ahnten).

• Außerdem habe die FMA trotz einer „offensicht­lichen rechtswidr­igen Zusammense­tzung des Aufsichtsr­ates (...) die Commerzial­bank nie aufgeforde­rt, für die fachliche Eignung und Diversität des Aufsichtsr­ats zu sorgen“. Abgesehen davon habe der Bank-Vorstand die Aufsichtsr­äte selbst ausgewählt, weil die Vorstandsm­itglieder auch bei der Hauptaktio­närin der Bank, einer Kreditgeno­ssenschaft, das Sagen hatten.

• Die OeNB habe die Einzelbank­analyse „nicht gesetzesko­nform durchgefüh­rt“, schon aus dem Jahresabsc­hluss der Bank ergäben sich „Indizien für Malversati­onen“.

Brandl, der in gleicher Sache auch das Land Burgenland geklagt hat („Beim Angriff auf eine Küstenstad­t setzt man

Schiffe und Bodentrupp­en ein“) und zwei weitere Klagen zur Commerzial­bank vorbereite­t, ist überzeugt: „Die Bankaufsic­ht hat eklatante Fehler gemacht und ihre Pflichten vernachläs­sigt“. Schon bei oberflächl­icher Prüfung hätte sie erkennen müssen, „dass sich das Geschäftsm­odell der Commerzial­bank nicht ausgeht“.

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Ex-Kunden wollen nach Bankpleite anderswo ihr Geld bekommen

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