Stolze Partei in Not
Das haben nicht viele andere Volksparteien geschafft: In knapp mehr als 70 Jahren hat die CDU 51 Jahre den Kanzler gestellt. Ihre Vorsitzenden Adenauer, Erhard, Kiesinger, Kohl und Merkel haben das Land geprägt – und auch von zwei der drei SPD-Kanzler, nämlich Schmidt und Schröder, sagt man, sie waren eigentlich in der falschen Partei.
Jetzt wählt sich die CDU einen neuen Vorsitzenden, man ist versucht zu sagen: hat keine andere Wahl, weil Angela Merkel nicht mehr zur Verfügung steht. Und viel spricht dafür, dass der neue Parteichef im Herbst nicht auch Kanzlerkandidat der Union sein wird. Weil die zur Auswahl stehenden Herren Merz, Laschet und Röttgen nach jetzigem Stand klar weniger Wahlchancen hätten als ein Markus Söder (CSU) oder allenfalls ein, wenn ihn Corona-Pannen nicht politisch ruinieren, Jens Spahn.
Das sagt viel über Zustand und Personal der einst so stolzen Partei. Sie lag wie alle Volksparteien am Boden, weshalb Merkel vor zwei Jahren ihren Abschied einleitete. Sie erfing sich dank Merkel, fehlender Alternativen und Corona wieder. Sie steht für eine gerne gescholtene, aber erfolgreiche pragmatische Mitte – aber wohin sie gehen wird, wofür sie stehen soll, wer ihr bisheriges Selbstvertrauen nicht nur behaupten, sondern Stimmen bringend auch verkörpern kann, steht in den Sternen.
Kanzler ist zwei Schuhnummern zu groß. Einer der drei Kandidaten muss überhaupt erst beweisen, dass die Parteichefinnenschuhe nicht zu groß sind. Dass auch Merkel seinerzeit in ihre erst hineinwachsen musste, ist der CDU momentan vielleicht der einzige Trost.