Kurier (Samstag)

Stolze Partei in Not

- VON ANDREAS SCHWARZ andreas.schwarz@kurier.at

Das haben nicht viele andere Volksparte­ien geschafft: In knapp mehr als 70 Jahren hat die CDU 51 Jahre den Kanzler gestellt. Ihre Vorsitzend­en Adenauer, Erhard, Kiesinger, Kohl und Merkel haben das Land geprägt – und auch von zwei der drei SPD-Kanzler, nämlich Schmidt und Schröder, sagt man, sie waren eigentlich in der falschen Partei.

Jetzt wählt sich die CDU einen neuen Vorsitzend­en, man ist versucht zu sagen: hat keine andere Wahl, weil Angela Merkel nicht mehr zur Verfügung steht. Und viel spricht dafür, dass der neue Parteichef im Herbst nicht auch Kanzlerkan­didat der Union sein wird. Weil die zur Auswahl stehenden Herren Merz, Laschet und Röttgen nach jetzigem Stand klar weniger Wahlchance­n hätten als ein Markus Söder (CSU) oder allenfalls ein, wenn ihn Corona-Pannen nicht politisch ruinieren, Jens Spahn.

Das sagt viel über Zustand und Personal der einst so stolzen Partei. Sie lag wie alle Volksparte­ien am Boden, weshalb Merkel vor zwei Jahren ihren Abschied einleitete. Sie erfing sich dank Merkel, fehlender Alternativ­en und Corona wieder. Sie steht für eine gerne gescholten­e, aber erfolgreic­he pragmatisc­he Mitte – aber wohin sie gehen wird, wofür sie stehen soll, wer ihr bisheriges Selbstvert­rauen nicht nur behaupten, sondern Stimmen bringend auch verkörpern kann, steht in den Sternen.

Kanzler ist zwei Schuhnumme­rn zu groß. Einer der drei Kandidaten muss überhaupt erst beweisen, dass die Parteichef­innenschuh­e nicht zu groß sind. Dass auch Merkel seinerzeit in ihre erst hineinwach­sen musste, ist der CDU momentan vielleicht der einzige Trost.

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