Corona-Milliarden heizen die Verteilungsdebatte neu an
Regierung gegen „Auseinanderdividieren“
Hilfsgelder. Bald ein Jahr kämpft die Welt und mit ihr Österreich gegen die Pandemie. Nun droht eine neuerliche Lockdown-Verlängerung oder Verschärfung und gleichzeitig wird die Verteilungsfrage immer lauter gestellt. Wer bekommt wie viel von den Hilfsmilliarden und wer zahlt die Zeche dafür?
Für Diskussionen hat zuletzt eine Analyse des SPÖ-nahen Momentum-Instituts gesorgt, in der eine heftige Schieflage zugunsten des Unternehmenssektors konstatiert wird. Das Ergebnis: Von den Hilfsmilliarden (hochgerechnet anhand des Finanzrahmens bis 2024) würden die Arbeitnehmer rund ein Drittel (21 Milliarden Euro) sehen, zwei Drittel (42 Milliarden) gingen an die Unternehmen. Bei den Kosten sei es umgekehrt: Drei Viertel müssten die Arbeitnehmer und Konsumenten schultern, nur ein Viertel der Unternehmenssektor. Das liege am Steuersystem, es gehöre dringend geändert. Momentum bringt Vermögenssteuern ins Spiel.
Corona-Reichensteuer
Ins selbe Horn stießen am Freitag übrigens auch AK-Präsidentin Renate Anderl und ÖGB-Chef Wolfgang Katzian. Sie fordern neben einem höheren Arbeitslosengeld und zahlreichen Jobmaßnahmen (z. B. Pflegestiftung) auch eine „Corona-Vermögensabgabe“.
Die Bundesregierung will das so nicht stehen lassen. Vizekanzler Werner Kogler spricht sich gegen das „Auseinanderdividieren“aus. Jetzt gehe es um den Schutz der Wirtschaft mitsamt ihrer Beschäftigten. Kogler: „Dieser Erkenntnis sollte man sich durch Verbohrtheit nicht verschließen.“
Auch Finanzminister Gernot Blümel kann mit der Momentum-Analyse wenig anfangen. Die Hilfen würden in aller Regel direkt wie indirekt Arbeitgebern und Arbeitnehmern zugutekommen, weil Standort und Jobs gesichert werden. Auch sei z. B. der Umsatzersatz an ein Kündigungsverbot geknüpft. Etliche Hilfen, wie z. B. die Steuerstundungen, seien zudem aufkommensneutral, d. h. die Zahlungen würden nur zeitlich verschoben. Außerdem nehme Momentum für seine Berechnungen stets den Hilfsrahmen, z.B. 12 Milliarden für den Fixkostenzuschuss, her. Wie viel tatsächlich ausbezahlt werde, sei oftmals noch völlig offen, für eine Bewertung der Verteilungswirkung also früh.
Ein Fehler sei es jedenfalls, nur an Großbetriebe zu denken. Österreich sei ein Land der Klein- und Mittelbetriebe sowie Ein-Personen-Unternehmen. Indiz dafür: Per 15. Dezember lag der Median der ausgezahlten Zuschüsse unter 5.000 Euro, so das Finanzministerium, bei rund zwei Drittel aller genehmigten Hilfszahlungen liege die Zuschusshöhe unter 10.000 Euro.
Und streng genommen müsste man auch jene 11,8 Milliarden hinzurechnen, die allein 2021 für den Arbeitsmarkt ausgegeben werden.
Erste Steuerentlastung
Für Blümel steht fest: „Hinter jeder Firma, die wir retten, stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren Einkommen. Mit der Kurzarbeit ist ein Großteil unserer Hilfen in die Sicherung dieser Arbeitsplätze geflossen. Zudem haben wir trotz Pandemie die erste Stufe der Einkommenssteuer gesenkt, damit entlasten wir die Menschen in Österreich.“
Ironie am Rande: Die SPÖ hat zuletzt auch mehr und schnellere Hilfen für Unternehmen angesichts der möglichen Lockdown-Verschärfung gefordert.