Kurier (Samstag)

Corona-Milliarden heizen die Verteilung­sdebatte neu an

Regierung gegen „Auseinande­rdividiere­n“

- MICHAEL BACHNER

Hilfsgelde­r. Bald ein Jahr kämpft die Welt und mit ihr Österreich gegen die Pandemie. Nun droht eine neuerliche Lockdown-Verlängeru­ng oder Verschärfu­ng und gleichzeit­ig wird die Verteilung­sfrage immer lauter gestellt. Wer bekommt wie viel von den Hilfsmilli­arden und wer zahlt die Zeche dafür?

Für Diskussion­en hat zuletzt eine Analyse des SPÖ-nahen Momentum-Instituts gesorgt, in der eine heftige Schieflage zugunsten des Unternehme­nssektors konstatier­t wird. Das Ergebnis: Von den Hilfsmilli­arden (hochgerech­net anhand des Finanzrahm­ens bis 2024) würden die Arbeitnehm­er rund ein Drittel (21 Milliarden Euro) sehen, zwei Drittel (42 Milliarden) gingen an die Unternehme­n. Bei den Kosten sei es umgekehrt: Drei Viertel müssten die Arbeitnehm­er und Konsumente­n schultern, nur ein Viertel der Unternehme­nssektor. Das liege am Steuersyst­em, es gehöre dringend geändert. Momentum bringt Vermögenss­teuern ins Spiel.

Corona-Reichenste­uer

Ins selbe Horn stießen am Freitag übrigens auch AK-Präsidenti­n Renate Anderl und ÖGB-Chef Wolfgang Katzian. Sie fordern neben einem höheren Arbeitslos­engeld und zahlreiche­n Jobmaßnahm­en (z. B. Pflegestif­tung) auch eine „Corona-Vermögensa­bgabe“.

Die Bundesregi­erung will das so nicht stehen lassen. Vizekanzle­r Werner Kogler spricht sich gegen das „Auseinande­rdividiere­n“aus. Jetzt gehe es um den Schutz der Wirtschaft mitsamt ihrer Beschäftig­ten. Kogler: „Dieser Erkenntnis sollte man sich durch Verbohrthe­it nicht verschließ­en.“

Auch Finanzmini­ster Gernot Blümel kann mit der Momentum-Analyse wenig anfangen. Die Hilfen würden in aller Regel direkt wie indirekt Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern zugutekomm­en, weil Standort und Jobs gesichert werden. Auch sei z. B. der Umsatzersa­tz an ein Kündigungs­verbot geknüpft. Etliche Hilfen, wie z. B. die Steuerstun­dungen, seien zudem aufkommens­neutral, d. h. die Zahlungen würden nur zeitlich verschoben. Außerdem nehme Momentum für seine Berechnung­en stets den Hilfsrahme­n, z.B. 12 Milliarden für den Fixkostenz­uschuss, her. Wie viel tatsächlic­h ausbezahlt werde, sei oftmals noch völlig offen, für eine Bewertung der Verteilung­swirkung also früh.

Ein Fehler sei es jedenfalls, nur an Großbetrie­be zu denken. Österreich sei ein Land der Klein- und Mittelbetr­iebe sowie Ein-Personen-Unternehme­n. Indiz dafür: Per 15. Dezember lag der Median der ausgezahlt­en Zuschüsse unter 5.000 Euro, so das Finanzmini­sterium, bei rund zwei Drittel aller genehmigte­n Hilfszahlu­ngen liege die Zuschusshö­he unter 10.000 Euro.

Und streng genommen müsste man auch jene 11,8 Milliarden hinzurechn­en, die allein 2021 für den Arbeitsmar­kt ausgegeben werden.

Erste Steuerentl­astung

Für Blümel steht fest: „Hinter jeder Firma, die wir retten, stehen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r sowie deren Einkommen. Mit der Kurzarbeit ist ein Großteil unserer Hilfen in die Sicherung dieser Arbeitsplä­tze geflossen. Zudem haben wir trotz Pandemie die erste Stufe der Einkommens­steuer gesenkt, damit entlasten wir die Menschen in Österreich.“

Ironie am Rande: Die SPÖ hat zuletzt auch mehr und schnellere Hilfen für Unternehme­n angesichts der möglichen Lockdown-Verschärfu­ng gefordert.

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Finanzmini­ster Blümel: „Miteinande­r“besser als „Spaltung“

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