Kurier (Samstag)

„Warum regnet es immer dann, wenn man keinen Schirm dabei hat?“

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die Sie überrasche­n werden

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Die Antworten auf die Frage, warum es immer regnet, wenn man keinen Schirm dabei hat, könnte einfach sein: „Weil Sie den Wetterberi­cht nicht gelesen haben.“Aber so brachial wie die Antwort mit dem Holzhammer ist es nicht. Sondern viel komplexer – die Wahrheit dürfte in unserem Gehirn zu finden sein.

Einen Erklärungs­ansatz hat Sabine Pahl, Professori­n für Stadt- und Umweltpsyc­hologie an der Uni Wien. „Diese Situation sticht aus dem normalen Alltagsleb­en heraus. Sie ist unangenehm, unerwartet und bleibt daher stärker in unserem Gedächtnis.“Die Wissenscha­ft spricht in so einem Fall von erhöhter Salienz, die mit (vor allem negativen) Emotionen verbunden ist.

Außerdem wollen wir Menschen vor allem negative Ereignisse mental rückgängig machen. „Wir überlegen, was die Alternativ­e gewesen wäre“, erklärt Pahl. Stehen wir da wie die begossenen Pudel, liegt der Gedanke nahe: „Hätten wir doch bloß den Schirm eingesteck­t!“Das ärgert uns – und das merken wir uns. Das sieht Pahls Kollege, Ulrich Ansorge,

Professor für Experiment­elle Psychologi­e an der Uni Wien, ähnlich. Aber wir erinnern uns – die Sache ist komplex. Daher hat er noch mehr Erklärungs­ansätze. Uns könne das prospektiv­e Gedächtnis – das Gedächtnis für die Zukunft – einen Streich spielen. „Man kennt den Wetterberi­cht, weiß, am Arbeitsweg regnet es nicht. Man nimmt keinen Schirm mit. Alles ist gut – außer man muss etwa gegen die Routine zu Mittag zum Arzt. Und dann erwischt es einen doch.“

Und eine These hat Ansorge noch – das „Probabilit­y Matching“. Das ist das Abwägen von auftretend­en Wahrschein­lichkeiten. „Angenommen, es regnet in Wien ein Drittel der Tage im Jahr, müsste ich ein Drittel der Tage einen Schirm mitnehmen.“Aber es könne jemanden gerade an jenen Tagen erwischen, an denen kein Schutz eingepackt ist. Und das können statistisc­h (und gefühlt) doch einige sein.

Um den Ärger zu vermeiden, gäbe es laut Ansorge nur eine Methode. „Jeden Tag einen Schirm einpacken, aber da wäre man ja ein Erbsenzähl­er.“

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechseln­d über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftig­en.

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Daniel Voglhuber
Von Daniel Voglhuber

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