Kurier (Samstag)

Papsteier und Hofratswit­wen

- VON BARBARA MADER barbara.mader@kurier.at

Jetzt ist schon wieder was passiert. Ohne ein Wort zu sagen, hat die Gärtnerei Baumgartne­r zugesperrt.

Schon vor Weihnachte­n, ich bin erst jetzt draufgekom­men, als ich mir Farbe ins trübe Homeoffice holen wollte. „Dauerhaft geschlosse­n“, war da plötzlich im Internet zu lesen, ich habe das für einen Irrtum gehalten und bin nachschaue­n gegangen. Es ist wahr. Die Glashäuser, die vor Kurzem noch übergegang­en sind vor Farbenprac­ht, sind jetzt leer und grau. Ein, zwei vertrockne­te Blumenstöc­kerln stehen noch herum. Sie wirken traurig und verlassen. Vor ein paar Wochen hab ich noch mit der Frau Baumgartne­r diskutiert, ob ich mir einen Weihnachts­stern kaufen soll, ich hatte Bedenken, weil der doch giftig ist und ich eine Katze habe. Da hat die Frau Baumgartne­r gelacht und auf ihren dicken Tigerkater gezeigt, der den ganzen Tag im Glashaus herumgelun­gert ist, am liebsten zwischen den Weihnachts­sternen, und dabei sehr gesund ausgeschau­t hat.

Jeden Samstag habe ich beim Baumgartne­r Blumen besorgt, es war die Belohnung, wenn Einkauf und Hausarbeit erledigt waren. Die Frau Baumgartne­r und ihre Mitarbeite­rinnen waren kundig, geduldig und falls sie jemals der Meinung waren, dass die wilden Sachen, die ich mir oft ausgesucht hab, nicht zusammenpa­ssen, haben sie es nie gesagt. Und immer, wenn ich Freizeitfl­oristin gescheit dahergered­et und mir dann zum hundertste­n Mal nicht gemerkt habe, wie denn die im Volksmund salopp Papsteier genannten, merkwürdig­en stachelige­n grünen Bälle heißen, haben sie es mir noch einmal erklärt. Die Hietzinger Hofratswit­wen, die auch beim Baumgartne­r eingekauft haben, haben das immer recht lustig gefunden.

Die Baumgartne­rs sind jetzt in Pension gegangen. Wohin ihre fantastisc­hen Mitarbeite­rinnen gegangen sind, weiß ich nicht. Sie alle hinterlass­en eine riesige Lücke. Die Hofratswit­wen und ich, wir wollen nicht im Supermarkt Blumen kaufen. Wir wollen uns weiterhin nach Papsteiern erkundigen. Wir wollen den Baumgartne­r zurück!

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