Papsteier und Hofratswitwen
Jetzt ist schon wieder was passiert. Ohne ein Wort zu sagen, hat die Gärtnerei Baumgartner zugesperrt.
Schon vor Weihnachten, ich bin erst jetzt draufgekommen, als ich mir Farbe ins trübe Homeoffice holen wollte. „Dauerhaft geschlossen“, war da plötzlich im Internet zu lesen, ich habe das für einen Irrtum gehalten und bin nachschauen gegangen. Es ist wahr. Die Glashäuser, die vor Kurzem noch übergegangen sind vor Farbenpracht, sind jetzt leer und grau. Ein, zwei vertrocknete Blumenstöckerln stehen noch herum. Sie wirken traurig und verlassen. Vor ein paar Wochen hab ich noch mit der Frau Baumgartner diskutiert, ob ich mir einen Weihnachtsstern kaufen soll, ich hatte Bedenken, weil der doch giftig ist und ich eine Katze habe. Da hat die Frau Baumgartner gelacht und auf ihren dicken Tigerkater gezeigt, der den ganzen Tag im Glashaus herumgelungert ist, am liebsten zwischen den Weihnachtssternen, und dabei sehr gesund ausgeschaut hat.
Jeden Samstag habe ich beim Baumgartner Blumen besorgt, es war die Belohnung, wenn Einkauf und Hausarbeit erledigt waren. Die Frau Baumgartner und ihre Mitarbeiterinnen waren kundig, geduldig und falls sie jemals der Meinung waren, dass die wilden Sachen, die ich mir oft ausgesucht hab, nicht zusammenpassen, haben sie es nie gesagt. Und immer, wenn ich Freizeitfloristin gescheit dahergeredet und mir dann zum hundertsten Mal nicht gemerkt habe, wie denn die im Volksmund salopp Papsteier genannten, merkwürdigen stacheligen grünen Bälle heißen, haben sie es mir noch einmal erklärt. Die Hietzinger Hofratswitwen, die auch beim Baumgartner eingekauft haben, haben das immer recht lustig gefunden.
Die Baumgartners sind jetzt in Pension gegangen. Wohin ihre fantastischen Mitarbeiterinnen gegangen sind, weiß ich nicht. Sie alle hinterlassen eine riesige Lücke. Die Hofratswitwen und ich, wir wollen nicht im Supermarkt Blumen kaufen. Wir wollen uns weiterhin nach Papsteiern erkundigen. Wir wollen den Baumgartner zurück!