Kurier (Samstag)

„Ich verstehe den Grant“

Dominik Nepp fordert in der Pandemie die „Rückkehr zur Normalität“, ärgert sich über die „oberen 10.000“– und überlegt, zur nächsten Anti-Corona-Demo zu gehen.

- Interview VON CHRISTOPH SCHWARZ

Wien. FPÖ-Landeschef Dominik Nepp fordert in der Pandemie die „Rückkehr zur Normalität“– und überlegt, an der nächsten Anti-CoronaDemo teilzunehm­en.

Bei der Wahl verlor die FPÖ ihren Status als stärkste Opposition­spartei in Wien – und kam auf noch nur 7 Prozent der Wählerstim­men. FPÖ-Obmann Dominik Nepp über die neue Koalition, die Rolle als Kleinparte­i und Corona.

KURIER: Als FPÖ-Obmann haben Sie offenkundi­g sehr unter Rot-Grün gelitten. Versuchen wir mal einen positiven Einstieg: Was gefällt Ihnen denn an Rot-Pink?

Dominik Nepp: Im Regierungs­programm zeigt sich, dass es keine Veränderun­g zu Rot-Grün gibt. Der Bürgermeis­ter hat mit dem Namen Punschkrap­ferl-Koalition ins Schwarze getroffen. Wer auf Wikipedia nachliest, sieht, dass Punschkrap­ferl der Restlverwe­rtung von Altbackene­m dienen. Darum geht es auch politisch in dieser Koalition. Die Neos haben ihre Grundsätze mit der Unterzeich­nung der Regierungs­erklärung aufgegeben.

Welche pinken Grundsätze hielten Sie denn für umsetzensw­ert?

Es geht mir um Transparen­z und Kontrolle. Hier ist uns aufgefalle­n, dass die Akten, die den Gemeinderä­ten in den Ausschüsse­n von der Regierung zur Verfügung gestellt werden, noch dünner sind als zuvor. Oft erhält man gar keine Akten, sondern nur Deckblätte­r.

Wie kann es aus Ihrer Sicht gelingen, für mehr Transparen­z zu sorgen?

Wir arbeiten mit Vertretern aller Fraktionen an einer Reform der Untersuchu­ngskommiss­ionen im Gemeindera­t. In Wien kann die regierende Mehrheit jede U-Kommission abdrehen. Auf Bundeseben­e ist das anders. Wir wollen in Wien ein ähnlich starkes Instrument. Die Minderheit soll eine U-Kommission nicht nur einberufen können, sondern dort auch Zeugen laden und Beweismitt­el ordern können.

Mir fällt ein Regierungs­mitglied ein, mit dem Sie einer Meinung sein könnten: der rote Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker. Er sagt, es brauche keinen Lockdown mehr.

Hacker ist positiv aufgefalle­n mit dieser Aussage. Sie hatte nur leider eine schlechte Halbwertsz­eit. Wenig später ist der Bürgermeis­ter ausgerückt, um gemeinsam mit dem Kanzler den Lockdown zu befürworte­n. Ich verstehe nicht, warum sich Ludwig auf den Merkel-Kurz-Kurs draufhaut und die Wirtschaft nachhaltig schädigen will. Zudem wird von der Politik der Lockdown gepredigt, aber Wein getrunken. Nach der Verkündung des verlängert­en Lockdown gab es ein Sit-in beim Kanzler, bei dem Wein und Essen gereicht wurden. Das geht nicht. Wer den Menschen sagt, dass das Todesvirus kommt und sich alle einsperren müssen, kann nicht im Hinterzimm­er jausnen.

Ist es aus Ihrer Sicht nötig, sich zu Hause einzusperr­en?

Ich bin dafür, dass wir mit dem Lockdown aufhören, die Wirtschaft mit Vernunft hochfahren, die Schulen öffnen und zum normalen Leben zurückkehr­en. Auch die Gastro hat Vorsorge getroffen – mit großen Abständen, Trennwände­n – und könnte gefahrlos öffnen.

Ist das angesichts der Infektions­zahlen möglich?

Im Gesetz steht, dass ein Lockdown nur die allerletzt­e Möglichkei­t, die Ultima Ratio sein darf, wenn den Spitälern und Intensivst­ationen die Überfüllun­g droht. Das Gegenteil ist der Fall. Wir müssen schon Massentest­ungen machen, damit wir überhaupt noch Infizierte finden.

Am Samstag haben CoronaSkep­tiker in Wien demonstrie­rt. Sympathisi­eren Sie mit dieser Bewegung?

Ich verstehe den Grant der Menschen. Es herrscht ein Unverständ­nis dafür, dass man in Wien alles zusperrt, während die oberen 10.000 nach Kitzbühel in ihre Villen fahren und dort Skifahren, weil die Lifte offen haben. Da versteht niemand mehr, warum er in seiner 50-Quadratmet­er-Wohnung sitzen und Arbeit und Homeschool­ing unter einen Hut bringen muss. Da kommt es zu seelischem Leid.

Sie selbst waren aber nicht bei der Demo.

Nein. Aber ich überlege, nächstes Mal hinzugehen.

Die ÖVP ist neue stärkste Opposition­spartei und kapert Ihre Themen Zuwanderun­g und Sicherheit. Was müssen Sie tun, um noch Gehör zu finden?

Ich muss nur warten. Die ÖVP entlarvt sich selbst. Sie kündigt großspurig Dinge an, setzt sie aber nicht um. Nach dem Terroransc­hlag etwa hat sich gezeigt, dass es Verbindung­en zwischen SPÖ und islamistis­chen Vereinen gibt, die mit öffentlich­em Geld gefördert werden. Wir wollten eine U-Kommission. Die ÖVP hat uns nicht unterstütz­t und hilft, die Dinge zu vertuschen.

Nach den Ausschreit­ungen in Favoriten wird über Videoüberw­achung im öffentlich­en Raum diskutiert. Eine gute Idee? Oder freiheitsg­efährdend?

Wir brauchen vor allem mehr Polizisten, mindestens 1.500 Beamte zusätzlich wären nötig. Außerdem benötigen wir einen Sicherheit­sstadtrat und ein Ordnungsam­t, das die Polizei entlastet.

Im Bund gibt es einen Machtkampf zwischen FPÖ-Parteichef Norbert Hofer und Klubchef Herbert Kickl. Auf welcher Seite stehen Sie?

Es gibt keine Seite, es gibt nur die FPÖ. Jeder tut sein Bestes dafür, dass die FPÖ wieder erstarkt. Und wenn es Kritik gibt, dann äußere ich sie intern, nicht via Medien.

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Dominik Nepp, FPÖ-Chef und nicht amtsführen­der Stadtrat

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